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Einzelne Werke Jaroslav Cermaks, die von Antwerpen und Paris ans gelegentlich in
die Prager Kunstausstellungen gelangten, fanden lebhaften Beifall und die Bewunderung
feiner älteren und jüngeren Cvllegen, deren einige, feinem Beispiel folgend, nach Antwerpen
zogen, um an der dortigen Kunstschule ihre Studien zu vollende«, insbesondere aber
eine größere technische Fertigkeit im Malen, als dies bis dahin in Prag möglich war, zu
erlangen. Bon den älteren waren dies die schon erwähnten Karl ^avnrek und
Franz Cermak, von den jüngeren Gustav Poppe (geboren 1828 und gestorben 1859
zu Prag). Die beiden Bilder, welche dieser begabte, jung verstorbene Künstler im
Jahre 1855 bald nach seiner Rückkehr in Prag malte, „Bürgermeister van der Werff bei
der Belagerung der Stadt Lehden" und „Scene ans der Belagerung von Missvlunghi
(1856) sind ganz unter dem Einfluß der Antwerpen»- Schule gemalt. Außer diesen folgten
seither dem Beispiel Jaroslav Cermaks bis zum heutigen Tage zahlreiche junge Künstler
Böhmens, indem sie ihre Ausbildung in Paris suchten, wodurch der lang anhaltende
ausschließliche Einfluß Münchens in Prag gebrochen wurde.
Nach der Übersiedlung des Grafen Thun und des Directors Christian Rüben
gestalteten sich die Prager Knnstverhältnisse für die beiden nächsten Nachfolger Rubens
wieder sehr ungünstig. Als schaffende Künstler fanden sie leider keinen genügenden
Wirkungskreis und fühlten sich durch die wieder recht kleinlich gewordenen Verhältnisse
in Prag sehr beengt. Kein Wunder, daß Eduard von Engerth, welcher von 1854 bis
1865 und nach ihm Josef Mathias von Trenkwald von 1865 bis 1872 die Leitung
der Prager Kunstschule mit großer Liebe und Hingebung übernommen hatten, die günstige
Gelegenheit ergriffen, nach Wien zu übersiedeln, als ihnen Professuren an der dortigen
Akademie der bildenden Künste angeboten wurden.
Eduard von Engerth war der erste Director der Prager Akademie, welcher grund
sätzlich das Malen nach der Natur als Lehrgegenstand einführte, eine besondere Classe
dafür einrichtete und damit tüchtige Maler bildete. Engerth sowie Trenkwald hatten als
Lehrer talentirte und ihren Meistern ganz ergebene Schüler, deren viele als Künstler und
als Professoren der Prager Akademie, der k. k. Kunstgewerbeschule und anderer Fachschulen
gegenwärtig hervorragende Stellungen einnehmen. Als Engerth und Trenkwald nach
Wien übersiedelten, folgten ihnen einige ihrer besten Schüler dahin, wie dies schon 1852
bei ihrem Vorgänger Rüben der Fall gewesen war.
Nur einige Jahre, von 1874 bis 1879, wirkte auch der Antwerpen» Maler Jan
Sw erts (ein Schüler Nicaise de Keysers), welcher mit seinem Freunde Godefroy Gnffens
in Belgien die an die nendeutschen Classiker anschließende Richtung vertrat, in Prag als
Director der Akademie. In Belgien hatte er mit Gnffens eine Reihe von Wandgemälden
religiösen und geschichtlichen Inhalts geschaffen; in Prag lieferte er die Entwürfe und