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Unter den böhmischen Malern dieser Richtung ist Adalbert (Vojtech) Hynais
wohl der bekannteste und bedeutendste. Im Jahre 1854 in Wien als Sohn böhmischer
daselbst ansässiger Eltern geboren, bewahrt er eine große Anhänglichkeit an Böhmen. Viele
Jahre hindurch in Paris ansässig, betheiligte sich Hynais auch an der Ausschmückung der
Jnnenräume im Wiener neuen Hofbnrgtheater. Von ihm sind die Lunettenbilder mit
den Gestalten der größten dramatischen Dichter aller Zeiten. Die gemalten Skizzen, in
Ein-Fiinftel-Größe der Ausführung, besitzt die Gemäldegallerie im Rudolphinum zu Prag.
Außer allegorischen und mythologischen Darstellungen, für decorative Zwecke im großen
Maßstabe ausgeführt, malt Hynais auch kleinere Genrebilder — meist mit einer Figur
— die sich durch äußerst delieate Behandlung auszeichncn. „Die kleine Leserin", eines
der schönsten dieser Art, „In Verlegenheit" besitzt Seine Majestät.
Ein ganz eigenartiger Künstler, der eine neue Richtung verfolgt, ist Gabriel
Max (geboren 1840 zu Prag), ein Sohn des schon genannten Bildhauers Josef Max.
Nachdem er von 1854 bis 1858 die Prager Akademie unter Eduard Engerths Leitung
und dann einige Jahre jene in Wien besucht und von 1861 angefangen wieder in seiner
Vaterstadt gearbeitet hatte, zog es ihn 1863 nach München, wo er bei Professor Piloty
eintrat. Die heilige Julia, die Märtyrerin am Kreuze, vor welchem ein beim Morgengrauen
heimkehrender Jüngling von Andacht ergriffen seinen Kranz niederlegt, ist eines seiner
ersten Bilder, durch welches er sich sofort großen Ruf erwarb, als es in der Pariser Welt
ausstellung 1867 ausgestellt war. Dieses, sowie die Mehrzahl seiner zahlreichen Gemälde
sind durch Nachbildungen und Wanderausstellungen bekannt. Wir erinnern an das
„Adagio", an das „Frühlingsmärchen", an „Die blinde Märtyrerin in den Katakomben",
an „Letzter Gruß", als welcher einer den Löwen der Arena preisgegebenen christlichen
Märtyrerin eine Rose zugeworfen wird, an den weitbekannten „Christuskopf auf dem
Schweißtuche der heiligen Veronika" mit offenen und geschlossenen Augen und „Es ist
vollbracht", an „Ahasver an der Leiche eines Kindes", an den „Vivisector", „Christus
heilt ein Kind" (im Besitz der Nationalgallerie in Berlin). In der Gemäldegallerie seines
Geburtsortes Prag ist Gabriel Max durch ein neueres im Jahre 1892 gemaltes Werk
vertreten; es ist dies „Die Seherin von Prevorst im Hochschlafe", das seine bekannte
Eigenart in Bezug auf die Wahl des Gegenstandes und auf die meisterhafte Darstellung
desselben vortrefflich repräsentirt. In Bezug auf technische Vollendung gibt es wenige
Maler, die ihm gleichkommen. Seit dem Jahre 1877 ist Gabriel Max Professor au der
königlichen Akademie zu München.
In erster Reihe der Geschichtsmaler Böhmens steht Vaclav Brvzik (geboren 1851
zu Nenhütten bei Berann), ein ehemaliger Schüler der Prager Akademie unter Josef
Trenkwald, dann jener zu München und Dresden, welcher seit 1876 in Paris lebt.