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was sich erhalten hat, gehört in das Gebiet liturgischer Gegenstände, welche in den
ältesten Zeiten so ziemlich in der ganzen christlichen Welt dieselbe Form und dieselbe
Ausstattung aufwiesen.
Es liegt in der Natur der Sache, daß bereits vor der Einführung des Christenthnins
manche Fertigkeiten auf dem Gebiete des Knnstgewerbes unter der einheimischen
Bevölkerung zu finden waren; in der Folge entwickelten sie sich weiter und ans manchen
Ortsnamen können wir schließen, daß sich ganze Gemeinden besonderen Gewerben widmeten
und dafür auch besondere Geschicklichkeiten sich aneigneten, wie es bis jetzt noch in manchen
slavischen Ländern der Fall ist. In den Urkunden finden wir auch nicht selten Namen
von einzelnen Gemeindemitgliedern, die irgend einen Zweig des Kunstgewerbes ausübten,
wie die Töpferei, Schlosserei, Goldschmiedekunst w.
Vor Allem waren es die Vorsteher der Klöster, welche die Fertigkeit ihrer Uuter-
thanen auszunützen wußten, indem sie ihre Kräfte zur Ausschmückung der Kirchen
eoncentrirten. Sie übten zugleich persönlich mit vielen Brüdern zahlreiche Zweige des
Kunstgewerbes aus; durch ihre eigene Thätigkeit brachten sie die Production kleinerer
Gegenstände zu einer bedeutenden Höhe, wie dies namentlich von dem Kloster Sazava
und dessen kunstfertigen Äbten Bozetech, Diethard, Silvester und insbesondere Reginhard
von Metz gilt. Auch die Kirchen Prags, wie der dortige Fürstenhof, wurden nüt Producten
des Knnstgewerbes — darunter solchen aus Elfenbein und Bcrgkrystall — geschmückt. Im
XU. Jahrhundert erglänzte der Prager Hof in einer Pracht, welche die Folge seiner
Beziehungen zu den Königen von Ungarn und den Byzantinern war. Reiche, mit Gold
und Gemmen geschmückte Gewänder, goldene und silberne Gefäße gelangten als Geschenke
an den Hof; überaus kostbar waren auch jene Gegenstände, welche bei dem Zuge nach
Mailand im Jahre 1163 den Böhmen als Beute znfielen. Daran erinnert noch der
prächtige Bronzefuß eines Leuchters, der noch heute im St. Veitsdom aufbewahrt wird.
Gewiß regten diese aus der Fremde gekommenen Gegenstände die heimische Industrie an
und dienten ihr theilweise auch als Vorbild.
Als Geschenke und durch Kauf gelangten zahlreiche Gegenstände aus der Fremde in
den Schatz des St. Veitsdomes und werden hier theilweise noch heute bewahrt. Die Mehr
zahl derselbe:! sind, soweit sie der älteren Periode angehören, Prodncte fremder Arbeit, wie
z. B. die sogenannten Rolandshörner aus Elfenbein, ältere emaillirte Relignienschreine
und Überreste alter Gewänder. Viele Arbeiten kann man jedoch als einheimische Werke
ansehen, so die Bronzeleuchter und Aquamauilien in Thiergestalt, sowie die zum Theile
emaillirtcn Bronzekrenze, welche in verschiedenen Gegenden Böhmens gefunden wurden.
Zu den Producten des Kunstgewerbes kann man auch die böhmischen Münzen, deren
Prägung im XII. Jahrhundert eine ungewöhnliche Vollkommenheit erreichte, rechnen.
Böhmen. ^