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sondern mannigfachen Reliquien der Heiligen, aber diesen altchrwürdigcn Überbleibseln schuf
sein Kunstsinn Behältnisse aus den kostbarsten Metallen und Stoffen, die überaus prächtig
ausgestattet wurden, so daß auf diese Art ein Museum entstanden ist, dessen Überreste
wir noch heutzutage im Schatze zu St. Veit bewundern. Die ihm befreundeten Herrscher und
die ihm ergebene Geistlichkeit trugen ebenfalls zu dieser bewunderungswürdigen Sammlung
bei; von seinen aus politischen Gründen unternommenen Reisen in Frankreich, Deutschland
und Italien brachte er immer eine reiche Beute dieser Art nach Prag mit sich zurück. Er
bewahrte diese Reliquien in seiner Nähe, ans der Burg zu Prag und auf dem Karlstein,
wohin er auch die Kleinodien des römisch-deutschen Reiches bringen ließ. Manchmal
gewinnt es den Anschein, als ob sich zu diesem aus innerer persönlicher Neigung
entspringenden Streben die Berechnung hinzugesellt hätte, aus seiner Residenzstadt Prag
ein zweites Aachen zu schaffen, wohin Pilger aus allen Gegenden herbeiströmen sollten, um
die kostbaren Reliquien und Schütze zu bewundern. Bei der Einführung des Reliquien
feiertages, an welchem alle Kleinodien und Reliquien in einer Kapelle, die auf dem Karls
platze eigens zu diesem Zweck erbaut wurde, zur allgemeinen Bewunderung den von allen
Seiten herbeiströmenden Pilgern ausgestellt wurden, hat offenbar das Beispiel von
Aachen mitgewirkt. Es sei indeß wie immer, jedenfalls hatte dies Streben Karls
einen bewunderungswürdigen Aufschwung der Goldschmiedeknnst in Prag zur Folge, das
auf diesem Gebiete zur Centralstelle von ganz Europa wird. Der Ruf Prags lockt auch
fremde Goldarbeiter herbei, nicht blos aus den Provinzstädten Böhmens, Mährens und
Schlesiens, sondern auch aus Österreich, namentlich aus Wien und aus Baiern, ja wir
finden unter ihnen selbst einen Griechen, der durch einen besonderen Zufall den Namen
des böhmischen Patrons — IVsnoosluus draeeris — trug. Einer von ihnen — Hanus —
hat den Titel eines kaiserlichen Goldarbeiters (uurikaber «kommt imxoratoris) und eine
ganze Reihe Anderer findet ihren Platz unter Malern und Bildschnitzern in jener Maler
innung, die im Jahre 1348 ins Leben gerufen wurde. Für eine ihnen von Karl geschenkte
Reliquie fertigten die Goldarbeiter ein silbernes Reliquiar in der Gestalt einer gothischen
Mitra au und mit berechtigtem Stolze gravirtcn sie in dieselbe eine Inschrift ein, die da
verkündet, daß im Jahre 1378 der Kaiser selbst die Insel des heiligen Eligius „uns, den
Goldschmieden von Prag", schenkte. Die Zahl der Goldschmiede zur Zeit Karls und in
der darauf folgenden Periode unter Wenzel ist bedeutend; die Mehrzahl hatte ihre Werk
stätten in der jetzigen kleinen Karlsgasse, welche die Goldarbeitcrgasse hieß. Und von der
nahen Gasse, deren Rest noch heutzutage Plattuergasse heißt, wiederhallten die Schlüge
aus den Werkstätten der Plattner, Helmmacher, Drechsler und Kannengießer.
Von den Goldarbeiten aus der Zeit Karls hat sich au verschiedenen Stellen eine ziem
lich bedeutende Menge erhalten und zufällige Ausgrabungen, wie z. B. der Fund „am