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Volltext: Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild: Böhmen, 2. Abtheilung

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und Spiegler bei. Die Bruderschaft verwandelte sich in eine Maler- und Glaserzeche, in 
welcher regelmäßig zwei Älteste gewühlt wurden, ein Maler und ein Glaser, von welchen 
ersterer stets den Vortritt hatte. Und schon zu Beginn des XV. Jahrhunderts findet sich 
der urkundliche Nachweis für den Bestand eines Glasofens, also einer Glashütte in 
unmittelbarer Nähe von Prag. 
Wohl damals wurde auch der Grundstein zu den Glaserzeugungsstätten im 
böhmischen „Niederlande", auf der Herrschaft Kamnitz, gelegt, in (Ober-) Kreibitz und 
Daubitz. Die Glaserzeugung aber war es, die bei ihrem ersten Auftreten im Lande auch 
schon als „Industrie" auftrat in der modernen Bedeutung dieses Wortes: als ein Gewerbe 
betrieb außerhalb zünftiger Schranken, vielmehr eben den Zünften gegenüber ausgestattet 
mit größtmöglicher Selbständigkeit der Unternehmung wie des Unternehmers, auf dessen 
Rechnung und Gefahr eine größere oder geringere Anzahl Gehilfen im geschlossenen 
Raume unter Benützung der technischen Hilfsmittel der Zeit Verwendung fand. Ähnliches 
gilt von der Papiererzeugung, dem Müllergewerbe und in noch höherem Maße von der 
wie letzteres über das ganze Land verbreiteten Bierbrauerei. 
Das sind, in großen flüchtigen Umrissen, die Anfänge gewerblicher Thätigkeit in 
Böhmen. Ihre Entwicklung wurde durch eine Katastrophe zum Stillstände gebracht, blutig 
und unheilvoll wie nur wenige andere. 
Der große, furchtbare Husitenkrieg war, wie bekannt, in seinen verheerendsten 
Wirkungen gerade gegen das Städtewesen Böhmens gerichtet. Nicht weniger als vierzig 
Jahre voll der blutigsten Greuel aller Art — es gab nur wenige Städte, die nicht 
wiederholt zerstört worden wären — mußten den Handel gründlich zunichte machen, 
Künste und Handwerke aber gleichsam vom Erdboden hinwegfegen. 
Nur sehr allmälig hob sich da und dort aus Schutt und Asche ein schwacher Rest 
gewesener Herrlichkeit wieder zu nothdürftigem Scheinleben. Es steht als ein vereinzeltes 
Factum da, wenn im Jahre 1441 in Friedland durch Johann II. von Biberstein eine 
wohlorganisirte Tuchmacherznnft begründet wurde. Durch die ganze zweite Hälfte des 
XV. Jahrhunderts ragt nirgends im Lande irgend ein Gewerbszweig über das Niveau 
bescheidener Mittelmäßigkeit hinaus. Und wo die alten Zünfte ihren dereinstigen Prunk 
aufs neue zu entfalten suchten, blieb es bei leeren, inhaltslosen Äußerlichkeiten — Wohl 
habenheit war bei keiner mehr zu finden. Von Vervollkommnung einzelner Gewerbszweige 
konnte kaum die Rede sein, etwa die Herstellung von Waffen insoferne ausgenommen, als 
die Anwendung des Schießpulvers bei der Kriegführung die Erfindung neuer Schußwaffen 
mit sich brachte, wie denn schon damals schwere Geschütze in Prag verfertigt wurden und 
böhmische Waffen sich selbst im Auslande großer Beliebtheit erfreuten.
	        
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