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Volltext: Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild: Böhmen, 2. Abtheilung

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der seine musikalische Laufbahn als Dilettant begann, um mit der Zeit ein beliebter Pianist 
und Liedercompouist zu werden. Unter den Componisten aus der Schule Tomäseks nimmt 
Friedrich Kittl ohne Frage den ersten Platz ein. Auch der Sängerund Pädagog Franz 
Hauser (geboren 1794 in Krasovitz, gestorben 1870 in Freiburg), einst Director des 
Münchener Couservatoriums,und der Musikschriftsteller Eduard Hanslick(geboren 1825 
in Prag), der seit Ende der Vierziger-Jahre in Wien wirkt, wo er bald der einflußreichste 
Kritiker und 1856 auch Professor an der Universität wurde, nachdem er durch seine epochal 
gewordene Schrift „Vom Musikalisch-Schönen" 1854 eine wohlthätige Bewegung in die 
stagnirenden Gewässer der Ästhetik der Tonkunst gebracht hat, waren Tomäseks Schüler. 
Böhmen war überhaupt und namentlich in dieser Epoche die Heimat gar vieler 
trefflicher Pädagogen. Von den älteren Zeitgenossen Tomäseks ist Wohl auch der berühmte 
Gesangslehrer Johann Miksch (aus Georgenthal, 1765 bis 1845) hier anzuführeu, 
obgleich er seine höhere musikalische Ausbildung erst in Dresden, seinem nachherigen 
Wirkungskreise, erhielt. Einer der ersten musikalischen Theoretiker und Schriftsteller seiner 
Zeit war aber Anton Reicha (geboren 1770 in Prag), der 1836 als Professor der 
Composition am Pariser Couservatorium starb, nachdem er kurz zuvor an Boildieu's 
Stelle in die Akademie ausgenommen worden war — der einzige Böhme, dem diese Ehre 
widerfahren ist. In Wien war der Hoforganist Simon Sechter (aus Friedberg, 
1788 bis 1867) nach Albrechtsberger die erste pädagogische Autorität auf dem Gebiete 
des strengen Satzes und in Prag selbst entwickelte der seit seinem dreizehnten Jahre 
erblindete Reichenberger Josef Proksch (1794 bis 1864) eine so ersprießliche Lehr- 
thätigkeit, daß der 1830 von ihm gegründeten Musikbildungsanstalt und ihrer (auf dem 
Logier'schen System beruhenden) Methode ein bleibender Ehrenplatz in der Musikgeschichte 
Böhmens gesichert ist. Aus der großen Zahl der Schüler Prokschs mögen hier nur einige 
wenige, auch auswärts wohlbekannte Namen herausgegriffen werden: Franz Bendel, 
Pius Richter, W. Kühe, CH. Wehle, Wilhelmiue Clauß-Szarvady, Auguste 
Kolär-Auspitz u. s. w. Prokschs Musikschule wurde übrigens vielfach nachgeahmt, so 
daß in Prag mit der Zeit eine erkleckliche Zahl von Anstalten entstand, in denen so 
mancher tüchtige Pianist mit den ersten Elementen seiner Kunst vertraut wurde: der (1852 
geborene) Prager Alfred Grüufeld, heute eine der hervorragendsten Persönlichkeiten 
unter den Klavierspielern der Gegenwart, ist wohl das beste Beispiel. 
In den letzten Lebensjahren Tomäseks hat allerdings der Einfluß desselben eine 
nicht unerhebliche Einbuße erlitten. Der begeisterte Mozartcultus, welcher in dem Schöpfer 
des „von Oiovanni« den unerreichten Gipfelpunkt der Tonkunst erblickte und in dem 
sich Tomäsek mit Weber und Vitäsek Eins fühlte, bedeutete zu Ende des vorigen Jahr 
hunderts gewiß eine fortschrittliche Tendenz, er wurde aber nach der vollen Entfaltung
	        
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