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Böhmisch-Leipa mit 3600, Kaadeu mit 2000, Komotau, Braunau und Duppau
mit je 1000 Stück „möglicher" Jahresproduction. Das Mercantil-Collegium konnte
hierbei nicht verschweigen, daß „alle hierländischen Tuchmacher nach ihrer uralten
schlechten Manier arbeiten", während Fremmrich gezeigt habe, „daß er mit aus lauter
hiesig böhmischer Wolle recht gute und feine Tuche machen könne".
Dennoch vermochte Fremmrich sich nicht zu halten. Das Manufactur-Collegium
war machtlos gegen zünftige Beschränktheit und patrimoniale Gewaltthätigkeit. Den
gehässigen Angriffen der Leipaer Zunft setzte der dortige Grundherr, ein Graf Kaunitz,
die Krone auf, indem er die Fremmrich'sche Fabrik daselbst, ein blühendes Unternehmen,
von seinen Knechten gewaltsam nehmen und niederreißen, die darin befindlichen kupfernen
Kessel aber — in sein Bräuhaus abführen ließ (2. Jänner 1721)! Einem Privatmann
bürgerlicher Herkunft sollte es in Böhmen noch lange Zeit nicht leicht werden, dort, wo
das Zunftinteresse mit auf dem Spiele stand, unter die „Fabrikanten" zu gehen. Doch
schon im Jahre 1715 errichtete, nicht weit von Ossegg, dem Sitze einer uns bekannten
Stiftsfabrik, in Oberleutensdorf Graf Johann Josef Waldstein auch eine größere
Tuchfabrik, das erste Etablissement seiner Art, das auf Jahrzehnte hinaus sich behaupten
konnte. Ein zweites Unternehmen derselben Gattung wurde später in Kladrub (Chrudimer
Kreis) errichtet, gleichfalls auf Kosten eines Vertreters des böhmischen Adels, des Grasen
Friedrich Wenzel von TrautmannSdorf.
In diese Zeit fällt das Aufkommen der Baumwollmanufaetur in Böhmen.
Ihr Rohstoff, von dem schon Hörnigk sagte, daß er „nun so viel Wesens in Europa
macht", hatte, ungeachtet aller Hindernisse, die ihm von allen Seiten entgegeugestellt
wurden, zunächst vereinzelt bei der Leinenweberei Verwendung gefunden. Das beweisen die
„Barchner" und die „Mesulanmacher" einzelner Leinenweberzünfte, wie in Hohenelbe,
Pilnikan, Freiheit u. s. w. Unterm 15. December 1722 bestätigte Kaiser Karl VI. die
Artikel einer neu errichteten Innung „der Lein-, Mesolan-, Barchent- und Zeugweber"
auf den Herrschaften Landskron und Landsberg im östlichen Böhmen. Nachweisbar
wurden von dieser Zunft Barchente in größeren Mengen erzeugt und auf den Markt
gebracht. Ganz gleichzeitig aber geschah cs, daß au einem anderen Orte die erste Banm-
wollwaaren-Fabrik in Böhmen etablirt wurde. Mit Zustimmung der Grundherriu
Gräfin Gallas errichtete Elias Keßler, genannt Spreng seifen, in der Nähe von
Grottau, „an einem öden und wüsten Orte" ein ausgedehntes Jndustrialwerk, eine
„Tuch-, Zeug-, Strumpf- und Canevasfabrik" — „so im Königreiche Böhmen bisher
nicht gewesen" — von welcher auch bereits 1723 zwei größere Gebäude vollendet wurden.
Obwohl auf Befürwortung von Seite des Commerz-Collegiums mit einem zehnjährigen
Privilegium versehen, wurde die Unternehmung doch sehr bald wieder ausgelassen.
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