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Volltext: Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild: Böhmen, 2. Abtheilung

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der böhmischen Glasmacher" einen Preis von hundert Ducaten. Kinsky veranlaßte die 
Abfassung eines „Glasmacher-Reglements" (5. October 1767), das allerdings 
geeignet war, zahlreiche Unzukömmlichkeiten abzuschaffen, die als die tieferliegende Ursache 
der Emigration in diesem Gewerbe betrachtet werden durften. Ein unterm 12. Januar 1770 
erlassenes „Seidenzeug-Reglement" sollte wohl zunächst der Prager Seidenfabrik zu 
Hilfe kommen, verhinderte aber nicht deren frühzeitige Auflassung. 
Bald darauf wurde — man muß wohl sagen: leider — der böhmische Commercien- 
Conseß aufgelöst. Wieder in eine „Commercien-Commission" nmgewandelt, ordnete ihn 
ein Hofdecret vom 18. Mai 1772 dem Gubernium unter. Graf Kinsky aber hörte auf, 
Commerzpräsident zu sein. 
Die Jahre 1771 bis 1772 waren bekanntlich Hungerjahre, die fürchterlichsten, 
welche Böhmen jemals kennen lernte. Im ganzen Lande herrschte große Noth, die größte 
in den Volk- und gewerbereichen Gebirgsgegenden. Die materiellen Schäden wurden 
geheilt, so gut es ging. Der Wiederkehr einer Hungersnoth sollte durch Anlegung von 
„Contributionsschüttböden" u. s. w. begegnet werden. Die Sache wurde aber gründlicher 
gefaßt und dabei das Hauptaugenmerk auf die Nvbotverhältuisse gerichtet. Schon die 
Nobotpatente der Jahre 1717 und 1738 hatten den Obrigkeiten in den böhmischen 
Provinzen verboten, „ihren Unterthanen obrigkeitliche Produete aufzudrängen, folglich die 
Handwerker im beliebigen Bezüge ihrer rohen Stoffe zu hindern oder den Unterthanen 
ihre Erzeugnisse um willkürlich gesetzte Preise abzudrücken", was bisher allgemein üblich 
war. Ein Hofdecret beseitigte — vorläufig im Princip — alle seitherigen Abgaben unter 
dem Titel „Webergrvschen" oder „Weberzinse", auch „Stuhlgelder" genannt. Ein anderes 
hob die ebenso drückenden „Garnsammlnngs-" und „Handlnngslicenzscheine" auf und 
gab den Garnhandcl Jedermann frei. Wieder eine Verordnung (vom 24. Juli 1773) 
erklärte dieLeinenwebcrei für eine „freieBeschäftignng". Mit Hofdecret vom 13. April 1775 
wurde der Grundsatz festgestellt, es sei allen „Fabrikanten" — das heißt Gewerbe 
treibenden — „die volle Freiheit einzuränmen, sich ihre Materialien woher immer im 
Laude zu verschaffen". 
Ein ganzer Wust völlig ungerechtfertigter Steuerlasten wurde damit für immer 
aufgeräumt. Der Handwerker hatte die Aussicht, endlich einmal auch für sich und 
nicht blos, wie dies seither allerwärts der Fall war, für den Grundherrn zu arbeiten. 
Von weitesttragender Bedeutung für den böhmischen Handel wurde die Zollvrdnung 
vom 15. Juli 1775, mit welcher, in der erklärten Absicht, „die Freiheit des inneren 
Verkehrs zu erweitern", endlich die sämmtlichen böhmischen und österreichischen Länder 
(mit Ausnahme Tirols und Vorderöstcrreichs) in ein Zollgebiet vereinigt wurden. 
Das große „ganze eorpus und Loneratum in dem Zollwesen und veetibali", von welchem
	        
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