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Ein weiteres hervorragendes Raren- und Stammesmerkmal ist die oft schon der
gewöhnlichen Betrachtung auffällige Gesichtsbildung und die mit der letzteren wesentlich
zusammenhängende anatomische Gestaltung des Schädels. Wenn wir in letzterer
Beziehung auch nur das Berhältniß der Länge zur Breite der Schädelbasis berück,ichtigen,
so müssen wir bekennen, daß die von verläßlichen Forschern angestellten Schädelmessungen
mährischer Schädel aus alter und neuer Zeit viel zu spärlich sind, um euren Maßstab für
ursprüngliche Raceneigenthümlichkeiten gewinnen zu können.
Da der nordländischen germanischen Rare eine vorwiegend dolichocephale,
der slavischen vorwiegend eine brachycephale Schädelbildung eigen rst, so Ware es
in Mähren als einem von zweisprachiger Bevölkerung bewohnten Lande sehr lehrreich zu
wissen, in welchem Berhältniß jede dieser Schädeltypen einerseits unter der lebenden
Bevölkerung vertreten ist, anderseits unter jener früherer Zeiten vertreten war. Einige
Aufklärung in ersterer Beziehung wäre zu erhalten, wenn nach dem Vorgänge des hervor
ragenden Anthropologen k. k. Oberstabsarztes Dr. R. Weisbach bei den Truppenkorpern
der einzelnen Territorialbezirke regelmäßige kraniologische Messungen angestellt wurden,
wie er selbst es hinsichtlich der aus Niederösterreich stammenden Truppenkörper gethan,
wobei auch vergleichsweise einige Messungen deutscher Soldaten des Znaimer Bezirkes
in Mähren berücksichtigt wurden.
Es hat sich die interessante Thatsache ergeben, daß in dem deutschen Gebiete von der
Donau nach Norden die brachycephalen Köpfe, welche in Niederösterrerch durchschnittlich
zwei Drittel der Bevölkerung bei mäßigem Berhältniß der Länge zur Breite 1000 . 8-^
ausmachen, sowohl an Zahl als an stärkerem Hervortreten der Brachycephalie zunchmen,
so daß der Breitenindex bei den gemessenen Köpfen von Deutschen ans der Zummer
Gegend 846 beträgt. Auch unter den Deutschen des Gesenkes, der Schönhengstler und
Jglauer Sprachinsel sind brachycephale Kopfformen zahlreich vertreten, jedoch scheinen
neben denselben dolichoide Formen häufiger zu sein als im Süden. Zur domlmrenden
Schädelform wird jedoch die Brachycephalie bei den slavischen Stämmen, so daß nach
Meisbach bei den Slovaken die Verhältnißzahl der Schädelbreite zur Schädellänge (Index)
858, bei den zum ccchischen Volksstamme im engeren Wortsinn gehörigen 864 beträgt.
' Während der typische deutsche Männerschädel im Allgemeinen leicht und dünn
wandig, niedrig, im horizontalen Durchschnitt längsoval, die senkrechte Stirne breit,
das breite hohe Hinterhaupt stark gewölbt, das Gesicht groß, lang, nach unten stark
verschmälert ist, die Augenhöhlen hoch, die Jochbeine stach sind, die Oberkiefer etwas
vortreten, die starken großen Unterkiefer lange, wenig geneigte Äste haben, ist der
slovakische Schädel, sowie jener der cecho-moravischen Grenzgegenden schwer und
dickknochig, ersterer hock', letzterer sehr niedrig, beide im horizontalen Durchschnitt dei