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Weiße Lilien, weiße Lilien
Wochs'n ans dem Stengel,
Der Herr is schm, die Frau is schm,
Die Kinder wie die Engel.
Dort'n steht a hohes Haus,
Schaut a schine Jungfer 'raus;
Wird sich wohl bedenka.
Uns an Groschen schenka.
Schenk Groschen, schenk
Of a goldenes Kränzelein
Daß mir lustig und fröhlich sein.
Die Sängerinnen wurden ehedem meist durch „Fastenbretzen" entlohnt; jetzt erhalten
sie entweder ein kleines Geldstück oder Kuchen und Eier.
In die Fastenzeit fiel auch das St. Greg orius-Schülerfest. Papst Gregor!, war
ein großer Jugend- und Kinderfreund, und das hatten ihm in Dankbarkeit die kindlichen
Herzen lange nicht vergessen. Am 12. März, an welchem Tage im Kalender St. Gregorius
steht, zogen in seltsamer Verkleidung die Knaben auf dem Lande umher. Der größte von
ihnen war als Bischof angezogen (langes weißes Hemd, papierene Bischofmütze), ihm
folgten die anderen Schüler mit hölzernen Säbeln und anderen improvisirten Waffen.
In der Jglaner Gegend gingen sie ohne Bischof, dagegen trug einer ein Fähnlein voraus.
Der Brauch führte auch den Namen: das Virgatumgehen. Wo reiche oder wohlhabende
Leute wohnten, dort wurde Halt gemacht und gesungen. So sangen sie um Jglau herum:
„Grcgori, Gregori ! Modln sein gar nit g'scheidt,
Bumme (Buben) sein Nöri, ! Gebt's uns was, liebe Leut'!"
Zn Gundrum aber (Wischauer Sprachinsel) klang ihr Lied:
„Samt Gregori schickt uns aus,
Daß wir geh'n von Haus zu Hans;
Wir bitten Sie um kleine Gab',
Daß Sie uns nicht schlagen ab.
Schüler werden wir genannt,
Mit gelobten Leuten wohlbekannt.
Zur Zucht wird die Schul' genannt,
Darin lernen junge Leut'
Beten, lesen, schreiben, rechnen, lehren,
Sanct Gregori wohl verehren.
Sankt Grcgori, mein Patron,
Erlange uns die Himmelskron."
Einer der Knaben hatte eine Büchse in der Hand, und darein wurden die Gaben
gesammelt, die man den Kindern reichte. Von dem Betrage wurde denselben ein Mahl
bereitet oder das Geld unter sie vertheilt. Vielleicht war es ein naiver Versuch, den
Kindern die Nützlichkeit des Schnlgehens begreiflich zu machen. Heute dürfte der Brauch
schon ganz erloschen sein.
In der Nacht vor dem Palmsonntag findet im Schönhengster Gau das „Pflö ck-
schl og'n" statt. In nächtlicher Weile schlagen die Burschen vor dem Fenster ihrer Liebsten
— die selbstverständlich schon darauf wartet, aber sich nicht blicken läßt — einen Pflock
in die Erde. Er ist das Zeichen ihrer Minne. Und wenngleich die meisten Mädchen noch
vor Tagesanbruch den Pflock mit einer bereitgehaltenen Säge ganz nahe an der Erde
abschneidcn und die Spur dieser Huldigung verwischen, so wären sie doch außerordentlich