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die Grundvocale oder ihre Stellvertreter (e, i) stehen, verdumpft das Dörfische, wo die
Consonantenumgebung nur irgend Anlaß gibt, auch ursprüngliches ö: wollen wollen,
Wölt — Welt, ersetzt a statt des dem Städtebezirke eigenen Mischungsvocales ü durch
entschiedenen O-Laut und entwickelt o durch Vermittlung von ou zu u: surt — fort,
koumt --- kommt. Die Flexions- und syntaktischen Verhältnisse weichen im ganzen Sprach
gebiete von den baierisch-österreichischen nur wenig ab.
Etwa 20 Kilometer östlich von Brünn liegt die Sprachinsel von Wisch au-
Austerlitz, deren Bewohner sich „Schwaben" nennen. Keineswegs hat der Dialect
- eine einheitliche, sprachgeschichtliche Grundlage, denn wir begegnen dem Schwäbischen:
seif ^ fünf, Bräuti — Geliebter,Formen wie keima, neima, Deminutiven: Wagele, Tischelc
neben Bübal u. s. w. Die specifisch schwäbische Artikulation der Gutturale fehlt ebenso
wie die Vergröberung des s zu sein Vorherrschende Nasalirnng, Vertretung des ei und
mittelhochdeutschen i durch ua oder durch oa, welches auch für einfaches a und o eintritt,
kennzeichnen den Dialect als einen baierisch-österreichischen, dessen älteste Schichte jedoch
in Oberbaiern oder Nordtirol zu suchen ist.
Wesentlich anders ist der Charakter der Mundarten in dem mit seinem nördlichen
Theile in Böhmen liegenden Schönhengstler Land, der größten deutschen Sprachinsel
Österreichs. Der Lautstand hat hier entschieden mitteldeutsches Gepräge. Eigenartig
erscheint die Aspirirung der anlautendcn gutturalen Fortis, während in vielen Füllen für
labiale Media Tennis eintritt: Khirch --- Kirche, dagegen polt - bald. Wie in Jglan,
mit dessen dörfischen Dialekten auch sonst manche Verwandtschaft besteht, fällt ä häufig aus.
Lvn -- Laden, Fenner -- Fäden, pinn ----- binden; gutturales 1 wird von a absorbirt:
säbr ----- selber, os — als.
Bezeichnend ist für den mitteldeutschen Charakter der Vocalwandel, besonders
der durchgreifende Übergang von e zu a: Pärg — Berg. Der Proceß der Verdumpfung
ist hier weiter fortgeschritten als im Schlesischen, denn über den Vermittlungsdiphthong
on gelangt selbst kurzes n bis u, ohne daß nachfolgendes r die Ursache wäre. Anderseits
hat die Mundart einen großen Reichthum an J-Lauten, denn sie bewahrt nicht nur
altes kurzes i in zahlreichen Fällen, sondern es besteht auch eine ausgesprochene Neigung
für Tonerhöhnng des e bei verschiedener Consonairtennmgebnng, sogar wenn es ans
ö zurückgeht: gkt --- geht, schwer — schöner, Risla ^ Röslein, Vigl -- Vögel,
khimt ---- kommt. Hieran reihen sich Fälle wie: zensrim --- ringsum. Sehr häufig ist diese
Vocalerhellung die Folge von Tonabschwächung bei Zusammensetznngen: Tök --- Tag,
aber Suntik ----- Sonntag; auch die Bildungssilben tuim -- thum, ing --- nng gehören
hierher. Oft werden U-Laute verschiedenen Herkommens mit flüchtigem J-Klang versetzt,
der bald vor, bald nach dem Grundvoeal klingt und öfter zur Triphthongirnng führt: