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und buntfarbigen Tüchern reich geschmückt. Die Reiter selbst tragen weiße Schürzen und
rothe Schärpen. Der König ist als Mädchen gekleidet, trägt auf dem Kopfe einen Blumen
kranz und über die Schultern kreuzweise rothe Bänder. Er reitet einen Schimmel, die
Arme in die Seiten gestützt. Während der ganzen Feierlichkeit darf er kein Wort reden;
zum Zeichen, daß sein Mund verschlossen ist, trägt er eine Rose zwischen den Zähnen.
Die beiden Adjutanten des Königs, welche sich von der Seite ihres Gebieters nicht
rühren dürfen, reiten Rappen, tragen wie der König über die Schulter kreuzweise
Schärpen und in der Rechten den blanken Säbel. So ausgerüstet begibt sich die Reiter
schaar in die Nachbardörfer, um dort „den König zu suchen". Aus dem Heimatsdorfe
bricht der ganze Zug im Galopp auf: an der Spitze die drei Abgesandten, hinter ihnen
die drei Ausrufer und nach diesen die drei Einnehmer, dann die übrigen Reiter zu zwei
oder drei nebeneinander, in ihrer Mitte der König mit seinen Adjutanten. Vor der
nächsten Ortschaft angekommen, machen sie Halt, und ins Dorf reiten die Abgesandten
im Trab, um vom Ortsvorsteher die Erlaubniß zu erbitten, in dieser Gemeinde „den
König suchen zu dürfen". Diese wird ihnen in der Regel bereitwillig ertheilt und nun
hält das ganze Banderium seinen Einzug in das Dorf. Gleich am Eingang biegen die
drei Ausrufer von der Straße zum ersten Gebäude rechts ab, machen vor den Fenstern
Front, und einer von ihnen erbittet sich „in gebundener Rede" von den Hausbewohnern
Gehör, um dann in improvisirten Versen den ledigen Töchtern oder der Hausfrau ein
Compliment zu machen: sein Rößlein habe sich nicht halten lassen und sich von der Straße
hierher verrannt, weil es ihm die schwarzen Äuglein der schönen Maruschka angethan
haben. Darauf reiten sie zum nächsten Gebäude und gleich nach ihnen stellen sich die drei
Einnehmer unter den Fenstern ein. Der erste von ihnen bittet in einer längeren, in
Knittelversen verfaßten Ansprache um ein Geschenk für den König. Sie haben, sagt er,
einen ehrenwerthen, aber armen König. Räuber haben ihn überfallen und ganz aus
geplündert, 300 Rosse haben sie ihm entwendet ans jetzt leerem Stalle und 300 Ochsen
aus jetzt leerem Gehöfte, und sie hätten noch mehr genommen, aber zum Glück habe er
gar nichts mehr gehabt. Nachdem der erste geendet, reitet er schnell weiter hinter den
Ausrufern und nun nimmt der zweite Einnehmer unter den Fenstern seine Aufstellung,
um die Rede seines Vormanns fortzusetzen. Er fordert die Hausfrau ans, sie bald
abzufertigen, sonst werden sie ihr das Dach abdecken und unter ihre Rößlein streuen; sie
möge ihnen einen Schinken geben oder eine Selchwurst, so lang, daß man sich damit
dreimal nmgürten könne. Auch der zweite Einnehmer reitet sodann weiter und erst
der dritte hält mit einem Korbe vor der Hausthüre an und sammelt ein, was die
Hanswirthin „dem ehrenwerthen, aber armen König" zur Reparirung so großer Verluste
schenkt. Ans diese Art machen die Ausrufer und die Einnehmer im ganzen Dorfe die