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Volltext: Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild: Mähren und Schlesien

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Es unterliegt keinem Zweifel, daß diese Art der Dorfanlage jener grauen Vorzeit 
entstammt, wo das mährische Volk noch in der altslavischen Familienverfassnng der Hans- 
cvmmunion lebte. Sobald eine solche Familie (im weiteren Sinne des Wortes) einen Platz 
zur Ansiedelung gewühlt hatte, wurde der Plan des anznlegenden Dorfes beschlossen; denn 
bei der einheitlichen geschlossenen Anlage der Runddörfer kann der Dorfplatz eben nicht 
anders als mit einem Male, auf Grundlage eines einheitlichen, vorher beschlossenen Planes 
ansgebant worden sein. Hiermit stimmen auch andere historische Zeugnisse für die Alter- 
thümlichkeit der Nunddörfer überein, insbesondere die Namen derselben, die nachgewiesener 
maßen zu deu ältesten im Lande gehören, vor Allem die zahlreichen patronymischen 
Ortsnamen (auf ies, oviee, wie Tesetice, Drahanovice, das heißt: der Stamm, die Nach 
kommen des Teseta, Drahan), deren Entstehungszeit mit der Blüte der altslavischen 
Familienverfassnng zusammenfällt. Tatsächlich gehören auch die meisten in den ältesten 
Urkunden erwähnten Ortsnamen Mährens Runddörfern an. 
Ans einer erhöhten Stelle inmitten des Dorfplatzes steht die ehemals stets vom 
Kirchhofe umgebene Kirche oder wenigstens eine Kapelle. Sonst aber ist der hannakische 
Dorfplatz ziemlich leer: ältere, größere Bäume gehören daselbst zu den Seltenheiten, erst 
in neuerer Zeit werden Obstbäume vor den Häuserfronten gepflanzt. Die vor Zeiten 
unerläßlichen, unschönen Pfützen sind gegenwärtig von den hannakischen Dorfplützen 
zumeist schon verschwunden. 
Eine ganz verschiedene Ortsanlage weisen jene Dörfer der Hanna ans, welche 
erwiesenermaßen eine Gründung der ersten Jahrhunderte unseres Jahrtausends sind. 
Diese bilden nicht mehr einen geschlossenen, breiten Dorfplatz, sondern eine gerade Gasse, 
ebenso wie die in späteren Zeiten zu dem ursprünglichen Kern der Nunddörfer — dem 
geschlossenen Dorfplatze zngewachsenen Dorstheile. Bei den neuesten Ortsgründungen 
schließlich, namentlich dcs josephinischen Zeitalters (in den Achtziger-Jahren des verflossenen 
Jahrhunderts wurden in Mähren weit über einhundert Dörfer angelegt) ist die Form 
einer einzigen Häuserzeile in Aufnahme gekommen. 
Abgesehen von der bis in die Gegenwart erhaltenen alten Ortsanlage zeigt sich aber 
die althannakische Bauweise nur noch in einzelnen ziemlich seltenen Hausveteranen, bei 
denen übrigens die alterthümlichen Theile mit neumodischen Renovirnngen bunt dnrch- 
einandergeworfen sind. 
Groß und schwerfällig, aber behäbig und solid gebaut war ehemals das hannakische 
Bauernhaus, ein Ebenbild des Hannaken selbst, seiner breiten, knochigen Gestalt, seines 
etwas plumpen Auftretens, seines Phlegmatischen Naturells, sowie seines breiten Dialects. 
Als Baumaterial für den eigentlichen Wohntract — die Stube — diente Holz, welches 
jedoch mit Mörtel verputzt und weiß übertüncht wurde, so daß das hölzerne Haus der
	        
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