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XIII. Jahrhundert vor uns, die nach orientalischen Mustern des XI. und XII. Jahrhunderts
hergestellt wurden. Sie sind in Gouache ansgeführt, die rothe, grüne und blaue Farbe
herrscht vor. Die Conturen und das Gefeilte der Gewänder sind derb gezeichnet, während
die Carnation ziemlich gefällig und natürlich erscheint. Das erste Blatt zeigt uns Jehova
in seiner Herrlichkeit, das zweite die Verkündigung der Geburt Christi. Alls dem dritten
Blatte erblickt man in regelmäßiger Anordnung den Patriarchen Abraham mit den Seelen
der Gläubigen in seinem Schoße. Nach orientalischer Sitte ist sein Haupt mit einem
Käppchen bedeckt. Der englische Gruß ist Gegenstand der Darstellung ans dem vierten
Bilde. Das fünfte Blatt bringt ein Doppelbild. Oben erscheint Elisabeth ans einem
Prunkbett. Eine Dienerin reicht der labungsbedürftigen Wöchnerin einen Becher. Unten
trägt eine Magd Wasser zu einem
Kübel, in welchem Johannes von
einer Dienerin gebadet wird.
Die höchste Blüte erreichte die
mährische Miniaturmalerei in der
gothischen Periode, und zwar ins
besondere im XIV. Jahrhundert, zu
welcher Zeit das Kunstleben in Prag
auch auf Mähren fördernd einwirkte.
Die Vorzüge, welche die Bilder
handschriften der Prager Schule aus
zeichnen, die feine Ornamentik, das
reiche harmonische Colorit und die
natürlicheAuffassung, erscheinen mehr
fach auch auf mährischen Pergamenten,
Miniatur n aus dem ältesten Municipialrecht der Stadt Brünn.
so z. B. in jenem berühmten Evangeliar der Wiener Hofbibliothek, das von Johann
von Troppan, Canonikns in Brünn, illuminirt und im Jahre 1368 vollendet wurde.
Nicht weniger als zwanzig kostbare Bilderhandschriften aus dem XII. und
XV. Jahrhundert besitzt die Kirchenbibliothek zu St. Jakob in Brünn. Bedeutende
Schätze aus dieser Periode befinden sich im Brünner Stadtarchiv, darunter zwei Bücher,
deren Bilder an jene des Hamburger Stadtbuches vom Jahre 1497 erinnern. Der ältere
Codex, eine Sammlung der beim Brünner Schöppenrathe geltenden Rcchtsgrnndsätzc,
wurde im Jahre 1365 vom Stadtschrciber Johann vollendet, die jüngere Pergament
handschrift hingegen im Jahre 1466 vom Stadtschreiber Wenzel, einem Sohne des
Wenzel von Jglan, zusammengestellt. In beiden Werken sind die prächtigen Miniaturen
auf Goldgrund gemalt.