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Mehr als 60 Procent der gesammten Ackerlandsläche ist dem Getreidebau
gewidmet. Unter diesem nehmen wieder die Hauptstellen der kräftige Roggen und
der anspruchslose Hafer ein, die selbst auf magerem, steinigem oder sandigem Boden, bei
rauher Luft, unter lauer Sonne, ja noch hoch oben im Gebirge gedeihen. Im Jahre 1891,
dessen officielle Ziffern wir auch weiterhin benützen, waren mit Roggen (darunter etwa
ein Neunzehntel Sommerroggen) 239.330 Hektar bestellt, mit Hafer 218.349 Hektar.
Die Erntemengen beliefen sich ans 2,827.730 Hektoliter, beziehungsweise 4,347.820 Hekto
liter. Wahrend die Anbaufläche dieser beiden Körnerfrüchte innerhalb der letzten zwanzig
Jahre nahezu stationär geblieben ist, hat in derselben Zeit der Anbau von Weizen um
69 Procent, jener von Gerste um 65 Procent zugenommen, eine Thatsache, welche im
Wesentlichen auf die Ansnützung von bisher verkannten Weizen- und Gerstenböden und
auf das Bestreben znrückzuführen ist, für den Weltmarkt geeignete Mehlfrüchte zu erzeugen.
Mit Weizen, von welchem einzelne Landstriche besonders geschätzte schwere Mahlwaare
liefern, sind 95.973 Hektar bestellt, mit Gerste 179.394 Hektar. Die respectiven Erträge
beziffern sich auf 131 und 2'83 Millionen Hektoliter. Zumal in den tiefgründigen, durch
die Zuckerrübencultur gut gelockerten und von Unkraut gereinigten Lehmböden der Hanna
gedeiht jene unübertreffliche Braugerste, welche dem mährischen Malzgute den Ruf einer
Weltmarke verschafft hat. Die hier seit unvordenklichen Zeiten cultivirte, durch die Sage
von dem die Felder segnenden und beschützenden Gersten-Fürsten Jecminek gefeierte
Original-Hannagerste hat in der jüngsten Zeit auf Ausstellungen, im Versuchsfelde und
im Laboratorium alle anderen im Lande gebauten Sorten übertroffen.
Von Mehlfrüchten werden ferner (auf einer Gesammtflüche von 20.100Hektar) Mais,
Hirse und Buchweizen gebaut, doch gelangt der Mais nur in wärmeren Lagen zur Voll
reife. Mit Kartoffeln, welche theils zur Speise gebaut werden, theils um als Viehfutter,
insbesondere aber als Rohmaterial für die zahlreichen Spiritusbrennereien zu dienen,
sind 13-41 Procent der Ackerlandfläche bestellt. Wie diese, ihrer Herkunft aus Branden
burg halber in cecho-slavischer Sprache genannte Knollenfrucht, so hat
auch der Rothklee und in den letzten fünfzig Jahren die Zuckerrübe in der Geschichte
des landwnthschaftlichen Betriebes Mährens Epoche gemacht. Fast an jeder Station der
das Land dnrchguerenden Eisenbahnlinien find die Schornsteine und Gebäudemassen der
Zuckerfabriken, deren das Land genau ein halbes Hundert zählt, sichtbar. Und ringsum
bieten sich dem Blick ausgedehnte Flächen, im Frühjahr belebt von unzähligen grünen,
emsiger Hackcultnr unterworfenen Rübenzeilen, im Herbst erfüllt von kräftigen, die reife
Rübe einheimsenden Gespannen und eifrig rodenden Arbeitern. Dabei rollt Waggon auf
Waggon, beladen mit Kohle, Maschinen, Abfällen oder Rübe - denn auch diese wird
häufig nicht am Ursprungsort selbst verarbeitet, sondern weithin verfrachtet — an dem