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Volltext: Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild: Mähren und Schlesien

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die von Regen und Sonne gebleicht, ihr rindenloses Astwerk stumm zum Himmel heben, 
ein Anblick, der sich an nebeldüsteren Herbsttagen zu gespenstigem Eindruck steigert. Nach 
dreistündigem Aufstiege liegt sie endlich vor uns, die moosgrüne Koppe des Altvaters, 
jenes alte Stück Festland, das aus dem Urmeere auftauchte, als die mitteleuropäischen Tief 
ebenen noch von flutenden Wasserwüsten bedeckt waren. Kümmerlicher Pflanzenwuchs 
von Kräutern, Moosen und Flechten ist selbst in diese unwirthliche Höhe gedrungen. Kein 
Strauch gedeiht hier oben, nur struppige Zwergfichten kauern auf dem verwitterten Ur- 
thonschiefer, an dem Wind und Wetter seit Jahrtausenden ihre Kraft erproben. Zu diesem 
trostlosen Bilde hat aber die Natur den lieblichsten Gegensatz geschaffen, der offenbar wird, 
wenn die rings blauenden Berge und Thäler ihre jungfräuliche Schönheit entschleiern. 
Im Westen reiht sich Kuppe an Kuppe bis zur wolkenumflorten Spitze des Spieglitzer 
Schneeberges; im Norden dunkeln uns die waldigen Häupter des Urlichzuges entgegen 
und weiter hinaus die in Duft getauchte Ebene; im Osten gleitet der Blick über ungezählte 
Hügel bis an die ferne Kette der Beskyden; nur im Süden verwehrt die Janovitzer Haide 
die Aussicht auf die mährischen Gefilde. Im weiten Kreise gruppiren sich die ebenbürtigen 
Vasallen um den „königlichen Sproß der Sudeten": der große und der kleine Vaterberg 
(1367 Meter), der große und der kleine Seeberg (1304 und 1194 Meter), die Königskoppe, 
der Falkenstein (1209 Meter), der Mittelhübl (1141 Meter), die Hohe Haide und der 
Peterstein. In einer Einsenkung zwischen dem Altvater und dem Peterstein steht die 
bekannte „Schäferei" (1306 Meter), der höchste bewohnte Punkt in Schlesien und ein 
vielbesuchtes Tonristenheim mit gastlicher Unterkunft. Vom Altvater ans gegen Mittag 
dehnt sich die Flüche der Hohen Haide. Auch von dieser einsamen Bergflur mit dem 
blumenreichen Moos- und Grasteppich aus überblickt das Auge einen weiten Theil des 
majestätischen Gesenkes und seines Vorlandes. An der Stelle, wo der imposante Rücken 
der Hohen Haide zu dem großen Karlsdorfer Kessel abfällt, erscheint in der von den 
Mohraqnellen durchrieselten „Kesselwiese" jenes merkwürdige Stück schlesischen Bodens, 
das in floristischer Beziehung als ein Dorado der Botaniker gerühmt werden muß. 
Wir nehmen Abschied von den Naturwundern des Altvaters und betreten jene 
freundliche Landschaft, zu der die Chaussee von Würbenthal über Engelsberg, den 
Geburtsort Eduard Schöns (Engelsberg), hinabzieht. Eine hügelumgürtete Thalsenkung, 
durch deren Mitte der Schwarz bach plätschert, zeigt uns einen lieblichen Erdenwinkel 
mit der bedeutenden schlesischen Industriestadt Freudenthal. Unter den Hügeln der 
Umgebung fesseln die Basaltgebilde des Köhlerberges (674 Meter) und des Venus 
berges unser Interesse. Wer die theils bewaldeten, theils sorgfältig bebauten Abhänge 
derselben ins Auge faßt, ahnt nicht, daß hier einst vulkanische Kräfte den Erdboden 
erschütterten. Heute ziert ein gefälliges Kirchlein den Gipfel des Köhlerberges, und nur
	        
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