repräsentirt Holda, die milde, gnädige Göttin der Liebe und Fruchtbarkeit, die Beschützerin
und Förderin des Hauswesens, damit auch des Spinnens. Besonders um die Weihnachts
zeit sieht Frau Holle nach, ob fleißig gesponnen wird; sie belohnt die fleißigen, bestraft
die säumigen Spinnerinnen. Sonst als geisterhaftes, schönes Wesen in langem, weißem
Gewände gedacht, erscheint sie bei uns, wenn zürnend, in häßlicher Gestalt. Zur Zeit, als
noch während des Winters das Spinnen eine Hauptbeschäftigung der Dorfbewohner des
Landes war, wurde Kindern, welche nicht fleißig genug damit sich beschäftigten, gedroht,
daß die Spillenholle (Spillendrulle, Spillenmarthe, Spillenlntsche) sie holen werde,
und zwar mit den Worten:
„Spennt, Kendala, spennt,
De Spellenlutsche kömmt,
Se guckt zu älla Lächlan rai,
Ebs Stränla Watt bäle fertigh sain."
In der Hutung bei Niederwalde befand sich der Spillenlutschenstein; des Nachts
kamen aus demselben sieben Lichter zum Vorschein. Zn ihm trug die Spillenholle die
saumseligen Kinder. Bei Wigstadtl werden Mägde und Kinder, welche bei der aufgegebenen
Arbeit im Spinnen — Satsem, Satsich — lässig sind, mit der Satsemsuse, in einzelnen
Ortschaften mit dem Satsichkater geschreckt.
An die Burgruinen Reichenstein, Lobenstein, Wachstein, an die Schlösser in
Domsdorf, Schwarzwasser rc., an den Milchberg bei Odrau, an den Wilschgrnnd bei
Arnoldsdorf rc., knüpfen sich Sagen von „der weißen Frau", welche von Zeit zu
Zeit sichtbar wird und Erlösung sucht. Der Kern dieser Sagen ist der uralte Mythus von
der Befreiung der im Wolkenberge verschlossenen himmlischen Wolkenfrau.
Gern hört das Volk auch Erzählungen von Berg-, Wald-, Wassergeistern, von
Bergmännlein, Fenesleuten, Wassermännern und Feuermännern. Die Berg- oder Grau
männlein tragen gewöhnlich einen langen, aschgrauen Rock und einen breitkrämpigen
Hut von derselben Farbe, bisweilen prächtige Kleider. Ihr Gesicht ist von einem herab
hängenden grünlichen Barte umflossen. Den Menschen leisten sie in schwierigen Lagen
des Lebens Beistand; nur wenn sie ihrer kleinen Gestalt wegen gehöhnt werden, treten sie
als Feinde derselben auf. Sie stehen patriarchalisch regiert unter einem „Bergältesten".
Eine etwas größere Gestalt als die Bergmännlein haben die Fenesleute, in
unserem Schlesien Venusleute genannt. Sie leben wie die Bergmännlein in alten Götter
sitzen und Cultusstätten, in Bergen, Schluchten, Anhöhen und Felsenhügeln. Den Um
wohnern, namentlich den Hirten, helfen sie bei der Arbeit, sonst auch in Noth und Gefahr.
Der Fenesstein bei Pitarn, die Feneshöhle bei Messendorf, der Fenesstein bei Schwarz
wasser haben ihre Namen von den Fenesleuten, die nach der Volkstradition dort wohnen.