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Volltext: Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild: Tirol und Vorarlberg

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Magistrate durch die „Menge" erfolgte, bestimmte später der Gemeinderath die Inhaber 
der Ämter. 
Die Einwohnerschaft des Gebietes von Tridentum zerfiel in die Vollbürger und in 
die „Zngetheilten", was der Stellung der Patrizier und der Plebejer in der früheren 
römischen Geschichte entspricht. Auch hier suchten die Zurückgesetzten die Rechte der Voll- 
bürgcr zu erlangen, was den Anaunern im Jahre 46 n. Ehr. durch ein Edict des Kaisers 
Claudius gewährt wurde, das im März dieses Jahres aus dem Badeort Baiae an der 
neapolitanischen Küste datirt war und einige in der Garde, zum Theil als Centurionen 
dienende Anauner erwähnt, die für ihr Heimatthal Fürbitte einlegten. Das Edict des 
Claudius ist im Jahre 1869 bei Cles im Nonsberg, als man nahe der Filanda Moggio 
eine Kalkgrube reinigte, zu Tage gefördert worden. 
Dort wo das heutige Cles steht, befand sich auch im Alterthum der Vorort der 
Anauner, und zwar stand hier das Heiligthnm des landesüblichen Saatengottes, den man 
unter römischer Herrschaft als „Saturnus" bezeichnete. An diesem religiösen Zusammen 
kunftsort wurden auch die auf die Rechtsverhältnisse der Thalbewohner sich beziehenden 
Urkunden aufbewahrt, indem sie auf Bronze eingegraben an den Wänden des Heiligthums 
angeheftet zu sehen waren, neben zahlreichen Votivtafeln zu Ehren des Gottes Saturnus, 
von denen uns auch mehrere erhalten sind. An den Tempel stießen die heute sogenannten 
,oampi neri" an, ein schwarzerdiges Feld voll von Knochen- und Urnenresten, das als 
Verbrennungs- und Begräbnißstätte durch mehrere Culturperioden hindurch gedient haben 
muß. Die Zeiten gingen in diesen Bergdistricten in einander über, ohne daß der Zusammen 
hang völlig unterbrochen worden wäre; heute heißt der Ort Cles (von „seclesin«), weil 
eben auch in christlicher Zeit (das ist für diese Gegend seit dem Ausgang des IV. Jahr 
hunderts n. Ehr.) der Mittelpunkt der religiösen Verehrung hier geblieben ist. 
Aus dem Thal der Anauner führten die Pässe über den heutigen Tonale nach dem 
Gebiet von Comum (das ist Como), der über den Gampen und ohne Zweifel auch der 
über die Mendel in das Etschthal. Es sind dies in das höchste Alterthnm hinaufreichende 
Übergänge, die zum Theil allerdings erst in der spätrömischen oder auch zu Beginn der 
nachrömischen Zeit erwähnt werden. Aber römische Münzen findet man noch durch den 
ganzen Sulzberg, römische Inschriften in Dörfern wie Romeno, und in dem Edict des 
Kaisers Claudius werden gleichzeitig mit Tridentum und den Anaunern die benachbarten 
Sindnni und Tulliasses (unbekannten Wohnsitzes), sowie die Comenser mit den Bergaleern 
(in Bergcll oder Val Pregaglia) erwähnt, und wie nachher in den Feldzügen der Franken- 
und Longobardenzeit, so haben die Gebirgspässe auch schon in dem Eroberungskrieg eine 
Rolle gespielt, durch den im Jahre 15 v. Ehr. das heutige Deutschtirol dem römischen 
Weltreich einverleibt wurde.
	        
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