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alle Dörfer und Eiuödhöfe abstreifen. So kommt es, daß man jetzt nur noch bei einigen
Bezirken von einer eigentlichen Thaltracht sprechen kann, nämlich einer solchen, welche
jahraus jahrein getragen wird. Sonst findet man dieselbe nurmehr als Feiertagskleid
oder bei festlichen Gelegenheiten, wie Processionen, Schützenaufzügen, Hochzeiten und
ähnlichen Anlässen.
Die schönste Tracht, welche auch noch als Alltagskleid getragen wird, hat der Burg-
grasier. Wenn man diese reckenhaften Gestalten von Algund oder Schenna auf dem
Kirchplatz von Meran in ihren braunen Lodenjoppen mit den breitansgeschlagenen
Deutschtiroler Trachten: II. is. Pusterthal. iz. Selrain. 14. Brixen.
scharlachrothen Brnstlappen und den breiten grünseidenen Hosenträgern über dem rothen
Leibchen dastehen sieht, so möchte man fast traurig gestimmt werden bei dem Gedanken,
daß auch diese Tracht allmälig verschwinden wird. Dazu haben sie kurze bocklederne Hosen'
und blühwerße Strümpfe; die Füße stecken in sogenannten Bundschuhen, den Leib umspannt
em schon ausgenähter Gürtel, ans dem Kopfe sitzt ein schwarzer oder dunkelbrauner Hut
mit breiten Krämpen. Der weibliche Thell der Bevölkerung ist nicht minder kleidsam
ausgestattet. Den geschmeidigen Körper umhüllt ein verschnürtes Mieder und ein etwas
Ichwerer blaubranner Rock, von dem sich die brennrothen Strümpfe allerliebst abheben
Den Hals umschlingt ein seidenes Tuch, das sich rückwärts am Nacken tief einsenkt. Die
meist blonden Haare sind glatt und nieder nach rückwärts gekämmt und hinten von einer-
bunten Nadel durchstochen.