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Dagegen helfen nur reichliche Weinspenden; in Pergine wurde früher dafür eine Abgabe
an die Pfarrkirche entrichtet.
Zu öffentlichen Volksbelustigungen dienen Spiele, wie sie anderswo auch Vorkommen,
besonders die mit Musik und Pöllerschüssen verbundene bekannte Tombola, bei welcher
einerseits das Volk sich trefflich unterhält, anderseits oft ansehnliche Einnahmen für
angestrebte gemeinnützige oder wohlthätige Zwecke gemacht werden. Das Ballspiel wird
in größeren Orten von zwangslosen Gesellschaften gepflegt, welche einander gegenseitig
bald dahin, bald dorthin herausfordern. Alan hat dabei Gelegenheit, erstaunliche
Leistungen von der Treffsicherheit und Muskelkraft der Arme wahrzunehmen. Das
Scheibenschießen wird in Wälschtirol viel weniger geübt als in Deutschtirol.
Das Hauptfest für die ganze Diöcese Trient, welche auch noch das deutsche Etschthal
bis über Schlanders und das Eisackthal bis über Klausen hinauf in sich begreift, ist das
Fest des heiligen Bischofs Vigilius, des eigentlichen Begründers derselben. Es wird
jährlich am 27. Juni in Trient unter großem Andrang des Volkes italienischer und
deutscher Zunge besonders feierlich begangen und abends mit einem herkömmlichen großen
Feuerwerk abgeschlossen.
Den Thälern Fleims und Fassa eigen ist die hochbeliebte Sitte des Fahnen
schwingens. Jedes Dorf hat dort seine eigene Fahne, ein Brauch, welcher aus dem
Anfang des vierzehnten Jahrhunderts hergeleitet wird, wo die Fleimser Dorf um Dorf
mit einer Fahne gegen die Feltriner, welche ihnen Wälder und Alpen streitig machten,
ausgezogen fein und dabei sogar die Stadt Feltre eingenommen, geplündert und verbrannt
haben sollen. Der Fahnenträger wird jährlich zu diesem hohen Ehrenamt, für welches er
physisch und sittlich die rechte Eignung besitzen soll, bestellt. Er heißt bnnäernl oder
dnnäiornl (dainjiöim, Fahne) und hat einen oder zwei Gehilfen zur Seite. Bei besonderen
festlichen Anlässen, wie an Kirchweihfesten, beim Empfang hoher weltlicher oder geistlicher
Würdenträger, auch bei lustigen Hochzeiten, rückt der bauckoini festlich in alte Tracht
gekleidet aus und schwingt, gewöhnlich auf dem Kirchplatz, seine Fahne dreimal um sich
bald höher, bald tiefer, jedoch so, daß sie den Boden nicht berührt. Reichlicher Beifall
lohnt seine Kraft und Geschicklichkeit, welche noch preiswürdiger erscheint, wenn er die
Fahne gar nur mit einer Hand hält und schwingt. Dieses Fahnenschwingen ist der Stolz
und die Freude der Fleimser und Fassaner, von welchen letzteren schon Mariani bemerkt
hat, sie seien ein Volk, welches für die Freude geschaffen sei und — er will nicht anstehen,
es zu sagen — schon im Mutterleibe Musik lerne.
Aber nicht immer gibt es Hochzeiten und Kirchweihen, es kommen auch Tage der
Trauer. Wie bei den Hochzeiten, so bestehen auch bei den Begräbnissen eigene Bräuche,
nur sind sie einfacher. Das Ausstellen von Leichen aus Paradebetten mit Blumenschmuck