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Volltext: Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild: Tirol und Vorarlberg

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Nun erscheinen die Zacken der mächtigen Treffauerspitze und ihre Ausläufer, dann 
am Fuße des überhängenden Pendling auf einem isolirten Felsenhügel die das Thal 
abschließende Festung Geroldseck, das freundliche Städtchen Kufstein krönend. Im Westen 
zeigen sich nur mäßige, meist bewaldete Höhen, während im Osten und Nordosten die 
phantastischen Spitzen und Kuppen des durch Vorberge gedeckten wilden und zahmen 
Kaiser sich erheben, zwischen denen das prächtige Kaiserthal eingebettet ist. Ein schmaler 
Pfad führt durch die enge Klamm des herabstürzenden Sparchenbachs hinein über Platten 
und Holzstufen; allmälig hören die Feldculturen auf und verschwinden die lieblichen 
Voralpenhügel, und je höher wir steigen, desto großartiger gestaltet sich das Bild, desto 
greulicher drohen die schroff abstürzenden Wände des Hinterkaiser mit seinen bizarren 
Zacken, desto herrlicher wird das Panorama von der weiten Ebene im baierischen Norden 
bis zu den eiserstarrten Tauernriesen im fernen Süden. Und unten in der Tiefe spalten sich 
Thäler und Thälchen, wechseln saftige Fluren mit Waldesdunkel, hier stattliche Schlösser 
oder zerfallene Burgen, dort schmucke Dörfer inmitten freundlicher Obstbaumparke; zahl 
reiche Seen zieren die Landschaft, bald wildromantisch, wie der Schrecken- und Hechtsee, 
bald lieblich wie der wiesenumrahmte Walchsee tief drinnen im Thal — und ziehen im 
klaren Wasserspiegel die Hochzinnen der Alpen zu sich in den Schoß. In der Nähe des 
Städtchens ladet uns die pittoreske Kienbergklamm zum Besuche ein; weitere Ausflüge 
führen uns in das wildreiche Thierseegebiet, dessen Bewohner mit dem biederen Jakob 
Sieberer an der Spitze als Grenzhüter, namentlich in dem Kriege 1809, berühmt 
geworden sind, oder zu dem mit einer Gedenktafel versehenen Zollhause, in welchem am 
4. September 1819 der tirolische Dichter und Naturforscher Ad. von Pichler geboren wurde, 
oder nach Erl, dem letzten ob seiner drastischen Banerncomödien auch im Nachbarlande viel 
genannten und vielbesuchten Dorfe Tirols; Freunde von Versteinerungen besuchen Reit 
im Winkel bei Kössen, den berühmtesten Fundort der Leitfossilien, einer von da her mit 
dem Namen Kössenerschichten bezeichnten Schichtengruppe, welche mit dem englischen 
Bonebed im Alter übereinstimmt. 
Im Schoße der nördlichen Kalkalpen entspringen zwei in der Richtung nach Norden 
verlaufende Flüsse, der Lech und die Isar. 
Das Lechthal ist eines der größten und abwechslungsreichsten Thäler Tirols, 
dessen wildzerrissene kahle Gipfel, von denen die dreizackige Mädelegabel die schönste, die 
Parseierspitze die höchste und der Hochvogel der am leichtesten zu besteigende ist, bisher 
wohl nur von Wenigen betreten wurden; auch die Bewohner haben bis zum heutigen Tage 
ihre eigenthümliche, vom Tiroler mehrfach abweichende Originalität unversehrt zu erhalten 
vermocht. Und wenn ihm die Natur auch eine majestätische Gletscherkrone versagt hat, wie 
sie jenseits des Jnnflnsses die Centralalpen schmückt, so bietet es doch nichtsdestoweniger
	        
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