Rabener, Geßner, Ewald von Kleist, Ramler und Klopstock waren weit verbreitet und
viel gelesen. Die Freimaurerlogen zu Bozen, Brixen und Innsbruck, denen nicht nur
Laien, sondern auch Priester angehörten, wirkten mit Erfolg für Bildung, Aufklärung
und Humanität. In Innsbruck und in Bozen, wo sich schon im Mittelalter Sinn und Liebe
für Kunst und Dichtung gezeigt hatte, entfalteten literarische Gesellschaften eine unermüdliche
Betriebsamkeit. Freilich haben sie wenig Bleibendes geschaffen, aber um die formelle
Ausbildung in Sprache und Vers haben sie sich ein nicht zu unterschätzendes Verdienst
erworben. Ein bedeutenderer Stoff und ein tieferer Gehalt wurde unserer Dichtung
erst durch die kriegerischen Ereignisse am Ende des Jahrhunderts zugeführt. Aus dem
Jahre 1797 besitzen wir eine stattliche Anzahl feuriger Kriegslieder, von denen manche
als würdige Vorläufer der Dichtungen von Arndt und Körner gelten können. Edle
Begeisterung für Kaiser und Vaterland, glühender Haß gegen die Feinde und stolzer
Mannesmuth erfüllen diese kampflustigen Gesänge. Nur wenige sind in der unvolks-
thümlichen Form der Ramlerschen Oden gedichtet; zwei von ihnen haben den gelehrten
Johann Baptist Primißer (geboren 1739) zum Verfasser, der als Professor und
Bibliothekar lange segensreich gewirkt hat und 1815 in Wien als Custos des k. k. Münz-
nnd Antikenkabinets und der Ambrasersammlung gestorben ist. Die meisten dieser Kriegs
lieder sind zündende Volkslieder und aus dem Passeier- und dem Pusterthal bald durch
das ganze Land gedrungen. Noch reichere Blüten solcher schnittiger Bauernlieder, deren
Verfasser wie die meisten Volksdichter in undurchdringliches Dunkel gehüllt sind, trieb
dann das große Heldenjahr 1809.
In der patriotischen Begeisterung jener Tage wurzeln auch die Dichtungen von
Alois Weißenbach. Geboren 1766 zu Telfs im Oberinnthal, studirte er Medicin und
wurde Arzt in der österreichischen Armee, später Professor an der Universität Salzburg, wo
er als Medicinalrath am 26. October 1821 verschieden ist. Er war ein geborner Dichter,
der sich mit den Besten seiner Zeit messen konnte. Schwung und Gedankenfülle zeichnen
seine Werke aus, die leider nur mitunter die Durchbildung der Sprache und des Verses
vermissen lassen. Gedichte wie „Der heiligeAugenblick", „Das gerettete Tirol" und andere
dürfen sich neben den Liedern Körners und Arndts sehen lassen und sind, wie das Märchen
spiel „Die Erlösung der Teutonia" (1813), die Arbeit eines wahren Patrioten von echtem
Schrot und Korn. Er hat auch zwei Trauerspiele, den „Brautkranz" 1810 und die
„Barmeciden", geschrieben; sein bekanntestes Werk ist „Aigen, Beschreibung und Dichtung"
(1818). Wie Weißenbach hier das reizende Aigen bei Salzburg feierte, so hat sein Zeit
genosse Pater Philipp Benitins Mayr (geboren zu Hall 1760, gestorben zu
Innsbruck 1826), seine Vaterstadt Hall mit ihrer herrlichen Umgebung und die Haupt
stadt Innsbruck in idyllischen Gedichten besungen, welche durch feurige Phantasie,