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in den Gemeinde- und kleinen Privatwaldungen die heute noch übermäßig geübte Weide-
und Streunutzung eingeschränkt und überhaupt der Erziehung von Nutzholzbeständen
mehr Pflege zngewendet würde. Von welcher Bedeutung eine solche Erhöhung der Nutz-
holzproduction für das Einkommen des Landes sein müßte, geht daraus hervor, daß
heute das in größter Menge zur Ausfuhr gelangende Fichtennutzholz an den Ausfuhr-
stellen durchschnittlich einen Werth von sechs bis zehn Gulden Pro Festmeter reprasentirt,
wovon etwa die Hälfte als Holzwerth zu rechnen ist und die andere Hälfte auf Arbeits
verdienst und Frachtkosten entfällt. Den Hauptausfnhrartikel bilden die Sägehölzer, in
Tirol allgemein „Musel" genannt, theils als solche im rohen Zustande, theils in Form
des daraus erzeugten Schnittmaterials. Mit der Erzeugung von Brettern und sonstigem
Schnittmaterial sind in Tirol fünf Dampfsägen mit 34 Bundgattern und 1472 einfache
Wassersägen, in Vorarlberg eine Dampfsäge (in Hard am Bodensee) mit sechs Bund
gattern und 227 Wassersägen beschäftigt. An sonstigen Zweigen der Holzindustrie sind zu
nennen in Tirol die Erbauung von Schiffen und Zillen am Inn, welche jedoch gegen früher
erheblich zurückgegangen ist, die Zündholzfabrication, wofür sechs Fabriken im Lechthal,
Pusterthal und Ampezzo bestehen, die Erzeugung von Holzwolle (besonders in St. Johann),
dann von Peitschenstielen aus den Schößlingen des Zürgelbaumes in Tajo (Nonsthal),
die Holzschnitzerei in Gröden, welche zumeist Zirbenholz verarbeitet, die Fonrniererzeugung
(in Trient), endlich die Korbflechterei in Cles und Proveis; in Vorarlberg eine Holzspulen
fabrik in Feldkirch und die Erzeugung von Krauthobeln im Montafonerthal.
Die Holzverkohlung hat früher einen namhaften Betriebszweig der Forstwirthschaft
gebildet, sie ist jedoch durch den Rückgang der Eisenindustrie und die Verwendung
von Steinkohlen für dieselbe sehr wesentlich eingeschränkt worden; immerhin bestehen
noch für ihren Betrieb in Tirol zehn und in Vorarlberg zwei ständige Meilerkohlungen
nebst zahlreichen kleinen nicht ständigen Kohlstätten. An Stelle der Verwendung des
schwächeren Holzes zur Kohlung ist nunmehr zum Theile die Erzeugung von Holzstoff
zur Papierfabrication getreten, wofür bereits vier Etablissements, und zwar eine Cellulose
fabrik (für Erzeugung auf chemischem Wege) in Wörgl und drei Holzschleifereien in
Jenbach, Absam und Imst errichtet worden sind.
An der Waldarbeit nimmt in Tirol, nachdem hier der Wald sozusagen Eigenthum
Aller ist, auch die ganze ländliche Bevölkerung neben der Feldarbeit Antheil; ein eigent
licher, handwerksmäßig gebildeter Stand von Holzknechten, Triften, oder Köhlern, wie er
in anderen Alpenländern, namentlich in Obersteiermark und dem Salzkammergute sich
findet, hat sich nur in einigen der größeren Staatswaldcomplexe, wie Brandenberg,
Thiersee und Achenthal herausgebildet, weicht aber auch dort mehr und mehr der freien
Betheiligung an diesen Arbeiten.