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Volltext: Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild: Tirol und Vorarlberg

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Fahrstraße neben dem Eisackbett Platz gefunden, welchen Beiden sich als Dritter im Bunde 
der Schienenstrang anfügt, der, oft ganz in den Fels hineingedrängt, in Tunnelen seinen 
Pfad suchen mußte. Wir begehen jetzt eben den sogenannten Kuntersweg, der seinen 
Namen vom Bozener Kaufmann Heinrich Kunter erhalten hat, welcher im Jahre 1314 
in dieser Schlucht eine Fahrstraße anlegte, und durchziehen ein Gebiet, das als das größte 
Porphyrplateau der Erde für den Geologen von ganz hervorragendem Interesse ist, wenn 
es auch landschaftlich nur wenig bietet. Am Südende dieser Felsschlucht thront über 
Waidbruck die herrlich gelegene, stattlich erhaltene Trostburg, der Geburtsort Oswalds 
von Wolkenstein des Minnesängers, ein Besitz dieses Grafengeschlechtes. Das bescheidene 
Örtchen, das römische Sublavione, ist als Ausgangspunkt für Touren ins Grödnerthal 
wichtig geworden und dürfte namentlich durch die neuerbaute Straße dahin einer schönen 
Zukunft entgegensehen. Sie führt neben einer zweiten, tiefer unten liegenden, über das 
freundliche Hochplateau von Kastelruth am Fuße der Seiseralpe vorüber nach St. Ulrich, 
dem Hauptort des Thals und dem weltberühmten Emporion der Grödner Holzschnitzerei, 
die neben der landschaftlichen Schönheit als Hauptgebiet der Dolomitriesen und neben 
der Eigenart der Sprache, dem Ladiner Dialect, das kleine Fleckchen Erde in aller 
Welt angepriesen hat; leider fällt ihr ein Schmuck des Hochgebirges, die edle Zirbelkiefer 
allmälig zum Opfer. — Hinter St. Ulrich erreicht man in stetem Vorblick auf den 
Langkofl die letzte Thalgemeinde Sta. Maria, über welcher die alte Veste Wolkenstein 
in dem ausgehauenen Felsen eingemauert und nur auf einer Felsentreppe zugänglich, 
gelegen ist; hier sann der Dichter seiner Minne nach und spendete der Mit- und Nachwelt 
seine kostbaren Lieder. 
Alsbald fallen dem Wanderer bei Atzwang die dunklen Cypressen auf, welche ihm 
den Eingang in einen noch wärmeren Süden verrathen. Zur Linken über ein prachtvolles 
Plateau hinziehend, erreichen wir am Fuße der jäh abfallenden Wände des Schlern das 
im dunklen Waldesschatten gelegene Bad Ratzes. Der nahe Frötschbach treibt allerlei 
Mineralien vom Plateau der Seiseralpe herab, größere und kleinere Raritäten, unter denen 
die Grünerde als Klausner- oder Brixner-Grün in den Handel kommt; drüben liegt unweit 
eines kleinen Sees die Ruine Hauenstein, in welcher Oswald von Wolkenstein sein 
Schwanenlied gedichtet, und senkrecht darüber ragen die Nadeln des Schlerns auf, der einst 
durch einen Kamin, die mit dem blauen Glöckchen der Oainpannln Llorsttiana geschmückte 
Schlernklamm, bestiegen wurde. Heute ist es anders: ein hübscher Reitsteig führt fast ganz 
auf die Spitze des Schlernplateaus, das durch den Flor der herrlichsten Alpenblumen 
Herz und Auge erfreut; auf demselben liegt das blockhausartige Schlernhaus mit allen 
Bequemlichkeiten ausgestattet, und wenige Schritte darüber genießt man von der Spitze 
des Schlern (2.561 Meter) die schönste Aussicht, vor Allem auf die nahe Rosengartenkette
	        
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