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Friedhof, das Deutschhaus, das alte Postamtsgebäude, der Bürgcrsaal, das Franciscaner-
klostcr, das Kirchlein St. Johann, das Mcrcantilgcbäude und die feenhaften Gärten
weiland Seiner kaiserlichen Hoheit des Erzherzogs Heinrich mit ihrer tropischen, an
die canarischen Inseln erinnernden Vegetation. Vom nahen Calvaricnberg bietet sich ein
reizender Ausblick auf den Schlern und den Rosengarten, der an schönen Sommerabenden
thatsächlich in der rosigsten Alpenglut prangt. In windgeschützter Lage reiht sich an
Bozen der klimatische Kurort Gries an mit seinen bnntcn Villen nnd seiner subtropischen
Vegetation, nach Norden öffnet sich das Sarnthal, an dessen Eingang sich auf einem
riesigen senkrecht abstürzenden Felsenkegel das von Seiner Majestät dem Kaiser von Öster
reich restaurirte Schloß Runkelstein erhebt. Die classische Bauart, die herrlichen Fresken
aus Tristan nnd Isolde, die reichen Portale, die prächtige Aussicht vom Erkerthurm aus —
sie lassen jedem Besucher einen unauslöschlichen Eindruck zurück! Bozen gilt auch als
Centrum sür mehrere dankenswerthe Ausflüge, so ins Eggenthal, auf die Mendel und
nach Überetsch.
Das Eggcnthal mündet bei Kardann ins Hauptthal aus und zieht sich in mäßiger
Steigung als kürzeste Verbindung aus dem Porphyrmassiv von Bozen nach dem Dolomit
gebiete des Fassathals hin; seine zahlreichen Tunnels, Gallerten und Schneewehren
am Eingang erregen unser Interesse nicht weniger als das aussichtsreiche Joch Grimm
(Weißhorn, 2.312 Meter) durch seine isolirten Kalkkegel auf purpurner Porphyrunterlage
und die Dolomitenkette am Thalschlnß.
So wie die Straße durch das Eggenthal aus dem deutschen Herzen Südtirols an
die italienische Peripherie des Landes hinausführt, so stellt auch die Mendelstraße die
kürzeste Verbindung zwischen dem deutschen Bozen und dem welschen Nonsberg her. Man
betritt sie bei der Station Sigmundskron, dessen Schloß wegen seiner bezaubernden
Aussicht einen Besuch verlohnt. Ihr Hauptwerth liegt für den Wanderer in der plötzlichen
Abwechslung der herrlichen Ausblicke, die bei jeder Wendung der Straße wieder ein neues
Panorama entfalten, nicht minder in dem auch jedem Laien auffälligen plötzlichen Wechsel
der Pflanzendecke, welche die Abhänge zwischen den sanften Windungen bekleidet; ist
endlich die Höhe des Mendelpasses (1.354 Meter) erreicht, so hat man damit einen Über
gang gewonnen, der in Bezug auf die Fernsicht nur wenige Concurrenten in der Alpen
welt aufwcist.
Allein nicht blos aus den luftigen Höhen der Mendel, auch aus dem Mittelgebirge
entzückt das Auge eine reizende Gegend: Überetsch, „das lieblichste und fruchtbarste
Stück der deutschen Erde, der Rheingau der Alpen!" Auch diese Wanderung beginnt bei
Sigmundskron und Schloß an Schloß — Warte Altenburg, Freienstein, Hocheppan und
wie sie alle heißen — zeugt für Geschmack nnd Natursinn der Ritterzeit. Zwischen