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Volltext: Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild, 1. Abtheilung: Wien

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Erfolg hotte Rudolf Hirsch mit seiner leichtflüssigen Lyrik im „Irrgarten der Liebe". 
Von südlicher Glut erfüllt sind die „deutschen Lieder eines Italieners", Cajetan Cerri. 
Einen neuen und kräftigen Ton schlugen erst Hermann Rollett und Johannes Nordmann 
an. Die spätere Zeit hat Lyriker von selbständiger Bedeutung und eigenthümlichem Gepräge 
unter den Männern wenige mehr hervorgebracht: fast jeder namhafte Dichter der Zeit 
hat auch lyrische Gedichte veröffentlicht, welche zum Theile hohen poetischen und großen 
individuellen Werth besitzen, aber die Dichter, welche sich blos auf lyrischem Gebiete 
versucht haben, sind selten. Auch die Entwicklung der lyrischen Formen stand nicht im 
Vordergründe der poetischen Interessen: Carlopago strebte, nicht immer mit Glück, nach 
dem hohen Stil und den künstlichen Formen der Hölderlin'scheu Lyrik; viel besser ist es 
neuerdings Stefan Milow gelungen, die erhabenen Gattungen der Lyrik wieder zu Ehren 
zu bringen. Während es aber die Männer größtenteils verschmähten, sich auf die Lyrik 
einzuschränken, war diese das eigentliche Lieblingsgebiet der Frauen. Besonders die adeligen 
Damen sind hier zahlreich vertreten: Wilhelmine Gräfin Wickenburg-Almasy, Marie von 
Najmajer, Josefine von Knorr, Luise von Rechenberg, Josefine von Remekhazy und viele 
Andere. Unter den bürgerlichen Damen stellen die Professorensrauen das bedeutendste 
Contiugent: Eugenie Bolza, Bertha Arndts, Marie Arndts, Auguste Hyrtl. Die Namen 
Paoli und Christen seien an die Spitze gestellt: Betty Paoli steht durchaus innerhalb 
der Grenzen ihres Geschlechtes, sie hat die weiblichste aller Empfindungen, den Schmerz 
um betrogene Liebe, in so tiefempfundene und dabei formvollendete Verse gebracht, wie 
sie noch selten oder nie einer Frau gelungen sind; Ada Christen kehrt die interessante 
Seite der weiblichen Natur heraus, welche im Conflicte mit den der Frau in der Gesellschaft 
gezogenen Grenzen zu Tage tritt, sie erscheint in ihren Liedern als die Verlorene und 
zeichnet sich durch eine kräftigere Phantasie und männliche Gestaltungsgabe aus. 
In den Balladen- und Romanzencyclen, welche seit Grün in ununterbrochener 
Folge bis auf unsere Tage entstanden, berührte sich die Lyrik mit dem Epos, welches als 
selbständige Gattung gleichfalls nicht im Vordergründe stand. Doch haben sich Otto 
Prechtler, Alexander Patuzzi, Hieronymus Laudesmann, Josef Haupt, Julius von der 
Traun und Andere mehr oder weniger erfolgreich an dieser Gattung betheiligt. In der 
Idylle hat uns Friedrich Hebbel eine klassische Dichtung geschenkt. Ein Talent der 
jüngsten Zeit, Siegfried Lipiner, hat an bedeutenden Stoffen starke schöpferische, aber 
wenig gestaltende Phantasie bewiesen. 
Den bedeutendsten Fortschritt hat die niederösterreichische Dichtung in der jüngsten 
Zeit auf dem Gebiete der prosaischen Dichtungsgattungen gemacht. Unsere Roman- und 
Novellenschriftsteller gehören zum größten Theile auch außerhalb ihres Vaterlandes zu den 
Lieblingen des Publikums und haben sich in den verschiedensten Gattungen bewährt. Auch
	        
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