9
Gewerbe wurde den Handwerkern, welche sich im städtischen Weichbilde ansiedelten, Freiheit
der Person und des Eigenthums gewährt. So legten die Babenberger neben den hier
wohnenden Adeligen, Geistlichen und Dienstleuten den Grund zu einer neuen städtischen
Einheit, welche in den Grund- und Hausbesitzern, den Kauslenten und Handwerkern zum
Ausdruck gelangte und unter dem Schutze verbriefter Rechte zu einem mächtigen Bürger
thum emporwuchs.
Schon im Jahre 1198 hatten die Bürger Wiens ihre besondere Gerichtsbarkeit,
die weisesten und angesehensten unter ihnen die Aufsicht über den Markt und den Handel
mit fremden Kaufleuten, sowie die Wahrung aller, die Ehre und den Nutzen der Stadt
berührenden Angelegenheiten. Herzog Leopold VI. gab den Bürgern im Jahre 1221
ein neues Stadtrecht; Kaiser Friedrich II. erweiterte, nach der Ächtung des Herzogs
Friedrich II-, ihre Freiheiten, er nahm Wien in reichsunmittelbaren Schutz, machte alle
Bewohner der Stadt persönlich frei und räumte den Bürgern
das Vorschlagsrecht bei der Ernennung der Lehrer an der
Schule bei St. Stefan ein. Nach der Versöhnung mit dem
Kaiser setzte der letzte Babenberger das Stadtrecht seines
Vaters, durch einige Begünstigungen vermehrt, wieder in
Kraft und regelte das Verhültniß derJuden zu den christlichen
Bewohnern der Stadt.
Durch die geschilderten Momente vergrößerte sich auch
das Stadtgebiet. Gegen Osten erweiterte sich dasselbe durch
Ältestes Stadtsiegel von Wien.
den Ban der Stcfanskirche, die Waarenlager der fremden Kanfleute und die nach Ungarn
führende Landstraße, gegen Westen durch die Interessen der Schottenmönche an der Nutzbar
machung ihres Bezirkes und gegen Süden durch die Wohnsitze des Adels, der herzoglichen
Dienstlente und der mit dem Hofe in Verbindung gewesenen Bürger. Allmälig erhielt das
vergrößerte Stadtgebiet auch eine neue Einfriedung mit Mauern, Thürmcn und Gräben,
von welchen ans die Bürger die Rechte ihres Landesherrn und ihre eigene Sicherheit gegen
feindliche Angriffe schützten. Und nahe den Grenzen des heutigen Weichbildes unserer Stadt
lagen damals schon Örtlichkeiten wie Erdberg, Matzleinsdorf, Gumpcndorf, St. Ulrich
(Zeismannsbrunn) und Als, deren Grundholden mit derStadt in naher Berührung standen.
Immer mehr ragte Wien durch diese Verhältnisse unter den Donau-Städten hervor.
Wiederholt verweilte in der Hofburg der gewaltige Hohenstaufe, Kaiser Friedrich
Barbarossa. Jubelnd begrüßten ihn die Bürger, als er im Mai 1189 mit glänzendem
Gefolge hier eintraf, um sich trotz seines hohen Alters an die Spitze eines neuen Kreuzzuges
zu stellen. Auf Wien waren unter Herzog Leopold V. als den Hauptsitz des Minnegesangcs
und der ritterlichen Spiele und als die Stätte, in deren unmittelbarer Nähe König Richard