Wiener KunMndMtrie.
n der Kreuzung nördlicher und südlicher, westlicher und östlicher Cultur,
also an einer besonderen Stelle liegt Wien; das glückliche Temperament
seiner Bewohner, die Förderung durch knnstliebende Herrscher — sie
haben im Vereine es vermocht, daß neben der Kunst auch die Industrie
des Luxus erblühte. Das heitere decorative Element, das dem Leben
dient, scheint es, lag immer mehr in der Natur seiner Bewohner als Versenkung in den
Ernst und in den tieferen Gehalt der Kunst. Schon früh mag man diese Richtung auftreten
sehen und mag sie durch Jahrhunderte verfolgen. Doch war es lange ein stilles Wirken
innerhalb der geschlossenen Mauern. Erst seitdem Wien die bleibende Residenz eines
großen Reiches geworden, erhebt sich diese seine Kunstrichtung zu größerer Bedeutung.
Und auch von diesen Werken ist, obwohl man kaum dreihundert Jahre zurückzugehen
hat, auffallend wenig an wirklicher Knnstarbeit erhalten. Was wollen z. B. die alten
Silberarbeiten, die einen Stempel von Wien führen, im Vergleich mit denen besagen, die
uns von Nürnberg und Augsburg erhalten sind? Die Paläste Wiens gehören der Scheide
des XVII. und dem Anfänge oder der ersten Hälfte des XVIII. Jahrhunderts an, und was
sie einst an Kunstarbeiten enthalten haben, das ist so gut wie sämmtlich verschwunden. Man
muß die in den Archiven wohl bewahrten alten Jnventare studiren, um von der ehemaligen
Fülle und Kostbarkeit einen glänzenden Begriff zu bekommen. Es sind wiederholt böse
Zeiten über Stadt und Reich gekommen. Die Noth hat die Kostbarkeiten, auch die Kunst
werke von Gold und Silber in die Münze senden lassen — welche österreichische Familie