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Volltext: Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild, 1. Abtheilung: Wien

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durch Steuerfreiheit, durch Befreiung ausländischer Fabriksarbeiter, welche sich hier nieder 
ließen, vom Militärdienste, und durch die im Jahre 1784 vorgenommeue bedeutende 
Erhöhung der Einfuhrzölle. Der Aufschwung der Fabriksindustrie war so groß, daß 
Wien bereits zu Ende des XVIII. Jahrhunderts mehr als zweihundert derartige Unter 
nehmungen mit einem Stande von mehreren tausend Arbeitern und ebensoviele Fabriks 
niederlagen zählte. 
Nicht weniger hob sich die Zahl und die Gattung der handwerksmäßig betriebenen 
Gewerbe. Den Anstoß dazu gab die von Karl VI. hervorgerufene größere Concurrenz. 
Nebst den bürgerlichen Gewerben wurden Schutzbefugnisse an katholische und protestantische, 
einheimische und fremde Gesellen verliehen und einzelnen Personen der Betrieb der 
sogenannten freien Beschäftigungen für bestimmte, durch den Wechsel der Mode und des 
Geschmackes neu aufgekommene Artikel gestattet. Die alten Zunftordnungen wurden den 
neuen gewerblichen Verhältnissen angepaßt und viele bei den Zünften bestandene Miß 
bräuche abgestellt. Schon in der zweiten Hälfte des XVIII. Jahrhunderts wurden in Wien 
mehr als zweihundertfünfzig verschiedene bürgerliche Gewerbe, Schutzbefugnisse und freie 
Beschäftigungen betrieben, welche Bedürfniß- und Luxusartikel erzeugten. Dabei kommt 
noch in Betracht, daß seit dem Bestände der Akademie der bildenden Künste die wirklichen 
Künstler aus dem Zunftverbande getreten waren und eine freie Stellung einnahmen. 
Einzelne Gewerbe, wie die Schneider, Tischler, Schuster und Schlosser, vermehrten sich in 
den Vorstädten so stark, daß Maria Theresia in ihrer Besorgniß um den Wohlstand der 
Bürger mit der Weiterverleihnng mancher Gewerbe und Schutzbefngnisse innehalten ließ. 
Der Fleiß wie der Erfindungsgeist der Begründer einzelner Fabrikszweige und Gewerbe 
verdunkelten den Glanz und die Bedeutung alter Jndustriestätten des Auslandes. 
Mit der Begünstigung der einheimischen Industrie sorgte der Staat auch für die 
Eröffnung neuer Absatzgebiete der Natur- und gewerblichen Erzeugnisse in Deutschland, 
Italien, Holland und dem Orient, damit der einheimische Capitalreichthum steige. Nach 
den verunglückten Handelscompagnien unter Kaiser Leopold I. trat mit Benützung der 
Organisation der Banken in Venedig, Hamburg, Amsterdam und Nürnberg auch in Wien 
ein Banco del Giro und kurz darauf an dessen Stelle die Wiener Stadtbank ins Leben, 
welche „das Außerlandgehen des Bargeldes" verhüten und den Verkehr selbst erleichtern 
sollte. Karl VI. begründete neue Handelsgesellschaften und baute eine Handelsflotille auf 
der Donau. Nach dem Frieden mit der Türkei vom Jahre 1718 machten sich hier türkische 
und in Constantinopel Wiener Kaufleute ansäßig. Eine orientalische Handelscompagnie 
erhielt das ausschließliche Recht, Kaufmannsgüter zu Wasser und zu Land durch Ungarn 
nach der Türkei zu verfrachten, Fabriken und Schiffswerften ins Leben zu rufen. Triest 
wurde ein Freihafen zur Begünstigung des Handels nach Italien und nach den Häfen
	        
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