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Objekt: Alte und Moderne Kunst XXII (1977 / Heft 150)

Peter Braunsteiner 
 
Peter Braunsteiners Werk bedarf in geringstem 
Maße unterstützender Interpretation. Flora, Fauna, 
der Mensch: Grundakkord seiner künstlerischen 
Äußerung, basierend auf einer starken, unlösbar 
scheinenden Hinwendung und Bindung an die Natur. 
Diese ist alleiniger Ausgangspunkt, ist permanentes 
- „Vorbild". 1946 im niederösterreichischen Gmünd 
zur Welt gekommen, erlebt Peter Braunsteiner 
Kindheit und Jugend in natürlicher Freiheit. Sammelt 
auf steinigen Feldern, Blockheiden, in mythisch- 
dunklen Wäldern erste Eindrücke und Wahrneh- 
mungen eigenwilliger heimatlicher Landschaft. 
Geht nach Wien, um sechs Jahre an der Akademie 
für angewandte Kunst bei den Professoren Obsieger, 
Hutter und Herberth zu studieren. Auch nun, 
schulisch, intensivstes Studium vor und nach der 
Natur. Er praktiziert in naturwissenschaftlichen 
Werken, im musealen und anatomischen Bereich. 
Erste frühe eigenhändige Arbeiten entstehen zeich- 
nerisch, im Linalschnitt. Der Stein, Synonym für das 
Schwere, Unverrückbare, das Lastende, beginnt eine 
entscheidende Rolle zu spielen. Braunsteiner erkennt 
schon früh Grundgesetzlichkeiten, weiß früh auch 
um die „eigentliche", schwarzweiße grafisch- 
strukturale Ästhetik des entblätterten Baumes, des 
Strauches. Feinste Verästelungen, die er subtil 
ordnet, lassen ihh die Grundgestalt heraus- 
streichen. 
1974 setzt sich Braunsteiner in ersten Personalen 
als Obiektkünstler ein. Und wieder ist der Stein, 
die in Kampf und Bedrohung verstrickte, umklam- 
merte Kreatur, Anlaß und kreative Motivation. 
Vorerst der reine, runde, nackte Stein allein, 
skulpturale Urform, den er als eigentliches Schweres 
frei schwebend symbolhaft im Gestänge verstrickt. 
 
 
1 Vögel I aus „Body-Patterns" _ _ _ _ 
2 (Brigl, läitographie, 55 x 50 cm Später setzt er Tierkörper, vom Stein schicksalhaft 
n}. .. .. . , ., . 
3 Plägrsärqhnsminer bedruckt, als starkste Aussage ein. Steckt willkurlich 
4 Stein-Obiekt in Seile vers annt Federbündel, verspannt mit fremden todverkrallten 
5 Oblekl m" Vögel" "m1 M" l" Vogelklauen. In seinem künstlerischen Prazeß 
Seile verspannt 
wirken Spontaneität, bewußte Manipulation zusam- 
men mit formalen Aspekten und Bildungen. 
Braunsteiner verläßt Atelier und Räume, um die 
vollkommene Bindung von allem natürlich Existenten 
und Gemachten kreativ zu demonstrieren. Er setzt 
seine verstrickten und verknoteten Steine in der 
Natur selber aus und schließt somit den Kreislauf. 
Unbehauene Felsblöcke bettet und hängt er in 
Äste und Gabelungen, im durch Witterung, dörrende 
Hitze beeinflußten Prozeß. Niedere Lebewesen, 
Algen und Sporen reichern und wuchern an den 
Reibungsstellen, „bilden" mit am kreativen Prozeß. 
Ein „neues" Stück Natur ist „neu" in die Natur 
integriert. Spinnen erweitern das Strickenetz. 
Allerneuesten Ausgangspunkt bilden 1976 die in der 
iungen Wiener Galerie „Alles, was Flügel hat, 
fliegt" - KUNST, KONTAKTE präsentierte „Body- 
5 Patterns". Peter Braunsteiner vereint hier 16 Origi- 
nal-Lithographien, die seine künstlerische Aussage 
in den seriellen Bereich führen. Körper als Kan- 
stante der Natur, gleichsam als immerwöhrendes 
Phänomen, werden in graphischen Sequenzen dar- 
gestellt. ln säuberlich harmonischen Formationen 
exerziert der Künstler quasi in Synapsen blätter- 
weise den elementaren Kanon allen Seins aus Flora 
und Fauna bis zu Menschen und Gesichtern. Auf 
Grundgestalt und Wesenheit durch Konturen, ge- 
tuschte volle Flächen und Aussparungen reduzierte 
Körper. Silhouettenhaft fixiert, in geordneter 
Spannung auf der weißflächigen Ruhe des Papier- 
grundes. Vom Naturvorbild bleibt durch Reduktion 
auf das äußerste gestrafft das Essentielle, Struk- 
turelle, Charakteristische in glasklarer Transparenz. 
Peter Braunsteiners Verhältnis zur Natur ist ein 
zutiefst gesundes, besteht in sich und resultiert und 
ist gezügelt von hart erarbeiteter Konsequenz. 
Er beteiligt sich auf der Suche nach dem Ursprüng- 
lichen, dem Kern, nach dem Wesen der Dinge. Frei 
  

	        
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