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Volltext: Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild: Galizien

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Der Zusammensturz der alten Verfassung wurde durch die Schwache der Fürsten 
befördert, denen es an Machtmitteln fehlte, dem Verlangen nach Exemptionen kräftigeren 
Widerstand zu leisten. Um 1270 war Polen bereits in 12 Theilfürstenthümer 
gegliedert. Im Innern zerfallen, war es den Beutezügen der von Osten her eindringenden 
heidnischen Schaaren preisgegeben. Außer der Tatarennoth, von der die südlichen Gebiete 
nach 1241 in kurzen Zwischenräumen noch zweimal (1259 und 1287) heimgesucht wurden, 
war Mazowien fortwährend, manchmal aber auch Kleinpolen den Einfällen der Littauer 
und Jatwägen ansgesetzt. Im Westen hatten die Fürsten von Großpolen harte Fehden um 
ihre Grenzgebiete mit den Markgrafen von Brandenburg zu bestehen, in denen der ganze 
Landstrich an der Oder ihnen entrissen wurde. Ein jeder der Theilfürsten verfolgte seine 
eigenen Ziele; in den Kämpfen, welche nach dem Aussterben der Babenberger um den 
Besitz der österreichischen Lande ausbrachen, stritten die Herzoge von Krakau und 
Großpolen an der Seite Stefans IV. von Ungarn gegen die Fürsten von Schlesien, 
Sieradz und Kujawien, die sich dem König Ottokar von Böhmen angeschlossen hatten. 
Das einzige Band, welches das zerrüttete Land zu einem Ganzen vereinigte, bildete die 
Kirche unter dem Erzbischof von Gnesen, die sich über alle Theile Polens erstreckte. 
Der polnische Episcopat jener Zeit bestand aus einer Reihe hervorragender Männer, 
deren begeisterte Wirksamkeit auf dem Gebiete des religiösen und cultnrellen Lebens 
des Volkes reiche Früchte trug. Der Einfluß der Kirche war bedeutend gestiegen und 
gerade in den geistlichen Kreisen wurde zuerst die Sehnsucht nach der Wiederherstellung 
der Einheit laut. Der mystische Zug des Zeitalters brachte in der öffentlichen Meinung 
die Erniedrigung Polens mit der grausamen That in Verbindung, welche von dem letzten 
König an dem Bischof von Krakau, dem heiligen Stanislaus, verübt worden war; im 
Zusammenhang damit wurde die Heiligsprechung desselben als Wahrzeichen der 
herannahenden Wiedergeburt mit Begeisterung begrüßt. Es regte sich allmalig das 
nationale Selbstbewußtsein und dieses wurde durch die Gegensätze genährt, dw m den 
Reibungen zwischen der Ritterschaft und den deutschen Städten des Landes hcrvortraten. 
Jede Bestrebung, welche von der Einheitsidee durchdrungen war, wurde durch diese 
Stimmung begünstigt. So kam es dazu, daß der Herzog von Großpolen, Przemyslaw II-, 
sich zu einer kühnen That entschloß, die an und für sich als ein unüberlegtes Wagnis; gelten 
konnte und doch auf die weitere Entwicklung der Ereignisse von gewaltigem Einflüsse 
war. Mit Ermächtigung des Papstes Bonifaz VIII. ließ er sich im Jahre 1295 von dem 
Erzbischof von Gnesen zum König von Polen krönen. Der feierliche Act, welcher den 
Schlußstein der Wiederherstellung des einheitlichen Reiches bilden sollte, wurde bei deren 
Grundsteinlegung vollzogen. Der neue König von Polen gebot über nichts weiter als 
über Großpolen und Pommcrellen, welches nach dem Tode des kinderlosen Mestwin II.
	        
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