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ungarischen Hofe bestimmt. Er war ja selbst gewissermaßen ein Zögling desselben und
verdankte so manches der geistigen Anregung jener Cultureiuflüsse, welche mit den Anjous aus
Neapel an dieDonau verpflanzt worden waren. So glaubte er auch dieZukunft seines Reichem
am sichersten zu begründen, indem er in Ermanglung eigener männlicher Erben semen
Neffen, den König Ludwig von Ungarn, zum Thronfolger bestimmte. Die Personalunion
mit Ungarn, unter dem Sccpter des mächtigen Königs, dessen politischer Gesichtskreis sich
weit über die Balkanhalbinsel erstreckte und andererseits bis nach Neapel reichte, erschien
ihm als die sicherste Bürgschaft für die Fortsetzung und Förderung der begonnenen
Culturarbeit, sowie überhaupt für die weitere Entwicklung Polens in jener Richtung, die
er der Schöpfung seines Vaters vorgezeichnet hatte. Auch die weitzielenden Aussichten,
die Kazimir seinem Reiche gegen Südosten zu eröffnen suchte, schienen am leichtesten im
Anschlüsse an Ungarn ihre Verwirklichung finden zu können. Mit dem Tode Kazimir des
Großen erlosch der königliche Stamm der Piasten (5. November 1370).
König Ludwig hatte ebenfalls keine männlichen Nachkommen; das letzte Jahrzehnt
seiner geschichtlichen Laufbahn, in welches seine Herrschaft über Polen fällt, war haupt
sächlich durch weitanssehende dynastische Pläne in Anspruch genommen, durch die er
zugleich die Zukunft seiner Tochter und seiner Königreiche zu sichern suchte. In Polen
waren seine Bemühungen vor Allem auf die Anerkennung der weiblichen Erbfolge gerichtet,
die er sich durch die weitgehenden Zugeständnisse des Privilegiums von Kaschau (1374)
von den Großen des Reiches erkaufen mußte. Während er die Krone von Ungarn für seine
zweitgeborne Tochter Hedwig bestimmte und durch die Verlobung derselben mit Herzog
Wilhelm von Österreich dem ungarischen Reiche die Aussicht auf Erwerbung einesTheiles der
Länder der jüngeren Habsburgerlinie zu eröffnen suchte, sollte seine ältere Tochter Maria
den polnischen Thron besteigen. Ihre Verlobung mit dem Markgrafen von Brandenburg,
Sigismund, beruhte auch auf politischer Berechnung. Durch die Vereinigung mit Branden
burg und durch dessen Anwartschaft auf Pommern wäre Polen gegen Westen weit vor
geschoben worden, und zwar nicht ohne Aussicht, wieder den Zutritt zur Ostsee zu erreichen,
von der es durch den Verlust Pommerellens abgeschnitten war. Es scheint, als wenn diese
Pläne in einem gewissen Zusammenhang mit der politischen Strömung gestanden hätten,
die für Sigismund unter den großpolnischen Herren starke Sympathien erweckte und noch
im XV. Jahrhundert einen ähnlichen Gedanken in der brandenburgischcn Candidatur um
deu polnischen Thron auftauchen ließ. Vom Standpunkte Ludwigs aber sind wohl seine
Absichten in Bezug auf das „ruthenische Reich" nicht ohne Einfluß auf deu Plan der
brandcnburgischen Heirat geblieben.
Nach dem Tode Ludwigs (11. September 1382) wurde nnerwarteterweise Maria
auf deu ungarischem Thron erhoben, Polen fiel ihrer Schwester Hedwig zu. Zwei Jahre