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Volltext: Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild: Galizien

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Es folgten nun wieder lange Jahre der furchtbarsten Zerrüttung im Lande, bis endlich 
Daniel Romanowicz, zu reiferen Jahren gekommen, über alle gegen sein Haus 
entfesselten Elemente Meister zu werden, jeden Verrath und jede Verschwörung nieder 
zuhalten, alle ungerechten Ansprüche abzuweisen und, unendlichemale vertrieben, sich 
schließlich doch in Halicz festzusetzen vermochte. Da er überdies noch andere nördliche 
Gebiete und auch Kiew an sich brachte, war am Ende das ganze Reich seines Vaters bis 
zu den Quellen des Niemen und Dniepr wieder in seinen Händen. Aber der Sieg des 
Romanowiczen war das Todesurtheil für Halicz. Der alte Stamm der Haliczer Bojaren 
wurde von Daniel fast vollständig ausgerottet; mit ihnen verschwand auf immer die alte 
Herrlichkeit von Halicz, das mit der Zeit zu einem unbedeutenden Städtchen herabsank. 
Der Kampf um Halicz war noch nicht ausgefochten, als über das vielgeprüfte Land 
der furchtbare Mongolensturm heraufbrauste. Schon im Jahre 1223 bluteten die 
ruthenischen Fürsten in der Tatarenschlacht an der Kalka, darunter auch die beiden 
Romanowiczen. Als dann nach vierzehn Jahren die Barbaren unter Batuchan abermals 
gegen Westen zogen, ging der schreckliche Zug über Kiew, Wladimir, Halicz, die mit den 
anderen ruthenischen Städten in Schutt und Trümmer gelegt wurden. Daniel floh Vör 
den Unmenschen nach Ungarn und von da nach Polen. Aber auch diese Reiche wurden 
vom gleichen Schicksal ereilt, wie ein Steppenbrand ging das Verderben über den ganzen 
Osten Europa's hin. Wenn aber Polen und Ungarn nach dem Verlöschen des Brandes 
sich bald zu neuem Leben erholten, so wurde den russischen und ruthenischen Ländern 
dieser Trost nicht zu Thcil, denn sie verblieben seit dieser Zeit Jahrhunderte lang in der 
Knechtschaft der Tataren. Ein Fürst nach dem anderen ging nun zum Chan nach Seray, 
um sich von ihm seine Würde übertragen zu lassen. Im Jahre 1250 kam die Reihe an 
Daniel, denn der Chan schickte zu ihm und befahl: „Gib Halicz heraus!" Mit Verzweiflung 
im Herzen, erzählt der Chronist, sich Gott und dem heiligen Michael empfehlend, unter 
Gebeten des ganzen Landes, begab er sich auf den Weg, wie auf den des Todes, und 
mußte sich um die »Lrmtg/ (einen Altar) herumführen lassen, die »Uasalurra? (Fuß 
stapfe des Chans) küssen, den „Unrats« (Pferdemilch) trinken und sich noch glücklich 
fühlen, daß ihn der Chan als seinen tribut- und kriegspflichtigen Knecht anerkannte. Man 
kann dem Chronisten glauben, daß ein großer Jammer im Lande war, als Daniel so 
gedemüthigt heimkchrte. 
Die Knechtschaft, in die nun Rnthenien verfiel, wurde für dessen ganze Zukunft 
entscheidend. Die russischen Fürsten lernten zwar bald sich in dieselbe fügen, ja nützten sie 
aus, um unter dem Schutze des Chans von Kipczak ihre Größe zu gründen — so erwuchs 
der Riesenstaat Moskau. Aber die ruthenischen Länder schlossen sich seit dieser Zeit 
entschieden an den Westen, an Polen, Ungarn und Lithauen an, mit denen vereint sie das
	        
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