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unausbleiblich sei und daß zu diesem Eutscheidungskampfe alle Kräfte gesammelt werden
müßten. Erst im Jahre 1410 brach der Krieg aus. Auf den Gefilden vvn Tannenbcrg kam
es zu einer Schlacht, zu welcher sowohl die Polen und die Lithauer als auch die Ordens-
Herren ihre ganze Macht aufgeboten hatten. Das Kriegsglück entschied nach hartnäckigem
Kampfe für die Polen. Der Großmeister Ulrich von Jungingen und fast alle Ordens-
Comthure und Ritter fanden im Kampfesgewühle den Tod. Das über 40.000 Mann
zählende Kreuzheer wurde aufgerieben oder in die Flucht gejagt. In der Person des
Comthnrs Heinrich von Plauen trat für den Orden ein Retter auf, der es verstand, die
entmuthigten Gemüther zur Vertheidigung der Städte und Burgen aufzumuntern, so daß
das polnisch-lithauische Heer mit herannahendem Winter den Rückzug antreten mußte.
Der Ordensstaat war gerettet und büßte in dem bald darauf geschlossenen Frieden nur
geringfügige Territorien ein; aber die Macht des Ordens war unwiderruflich gebrochen.
Seine eigenen Unterthanen, vor allen die preußischen Städte, wandten sich nach und nach
von demselben ab und gravitirten nach Polen, welches für ihren Handel das natürliche
Hinterland bildete und dessen Macht dem Orden gegenüber eine so glänzende Probe
bestanden hatte. Der Orden, im Innern gebrochen, ging rasch seinem Verfalle entgegen.
Dazu kam die moralische Niederlage, welche der Orden auf dem allgemeinen Concil in
Konstanz erlitt. Vor diesem internationalen Schiedsgerichte wurde der ganze Streit zwischen
Polen und dem Orden in regelrechter Proceßform ausgefochten. Das Streitobject bildeten
die vor kurzem noch heidnischen Lithauer. Die polnischen Delegirten, aufgeklärte und im
Kirchenrechte wohl bewanderte Juristen, an ihrer Spitze der Rector der Krakauer
Universität, Paulus Vladimiri, stellten den Satz auf, daß die Heiden nur auf friedlichem
Wege zu bekehren seien und verlangten, das Concil solle die Ausbreitung des christlichen
Glaubens vermittelst des Schwertes verdammen. Das Concil war den Polen günstig
gestimmt und schließlich gelang es denselben, eine günstige Entscheidung des Papstes für sich
zu erwirken. Die öffentliche Meinung Europas entschied auf dem Concil jedenfalls gegen
den Orden, weil die Thatsache der auf friedlichem Wege vollzogenen Bekehrung der
heidnischen Lithauer zu Gunsten der Polen sprach. Der Orden büßte hiedurch seine
geschichtliche Mission ein, um derentwillen ihm seit zwei Jahrhunderten die Geldmittel und
die glänzendsten Streitkräfte des ganzen Abendlandes zugeströmt waren, und war seit dieser
Zeit sich selbst überlassen.
Der innige politische Zusammenhang, in welchen Polen infolge dieser Ereignisse
mit dem katholischen Abendland getreten war, war auch für dessen innere Entwicklung
bestimmend und hat es vor einer gefährlichen Verirrung geschützt. Seit dem Verfalle
der Krakauer Universität nach dem Tode Kazimirs des Großen war das intellektuelle Leben
Polens, und insbesondere seiner Geistlichkeit hauptsächlich auf die Prager Universität