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fand nicht die nöthige Unterstützung, und zum Könige von Polen wurde der Kurfürst von
Sachsen als August II. gewählt, nachdem er sich vom lutherischen Glauben losgesagt und
den katholischen angenommen hatte.
Der neue König besaß eine wirkliche Hausmacht und ein wohlorganisirtes, wenn
auch nicht zahlreiches Heer; auf diese Kräfte gestützt, versuchte er aus Polen ein erbliches
und absolutes Königreich für seine Dynastie zu machen. Unter dem Vorwände des
Krieges mit der Türkei kam das sächsische Heer nach Polen. Als aber im Jahre 1699
infolge der vom Prinzen Eugen von Savoyen über die Türken erfochtenen Siege der
Friede von Karlowitz zustande kam, verließen die Türken die Festung Kamieniec und
überhaupt das polnische Gebiet. Das sächsische Heer wurde nunmehr nach Lithauen geführt,
wo das mächtige Geschlecht der Sapieha einen Bürgerkrieg angefacht hatte. Die Sapieha
wurden geschlagen und der König schickte sich an, seine Pläne durchzuführen. Indessen
begann der nordische Krieg zwischen Karl XII. von Schweden und dem Czar Peter
dem Großen. August II. nahm für Peter Partei und zog infolge dessen Polen in einen
Krieg hinein, in welchem dasselbe nichts zu gewinnen hatte. Karl XII. wandte sich
gegen Polen, und da der Krieg mit Schweden beim Adel äußerst unpopulär war, fand
August II. von Seite der Polen keine Unterstützung, wurde mehrmals geschlagen und in
dem Frieden von Altranstädt 1706 zur Abdankung gezwungen. Unter dem Einflüsse
Karls XII. wurde der Wojwode von Posen Stanislaus Leszczynski zum Könige
gewühlt. Doch ereilte Karl XII. im Jahre 1709 die Niederlage bei Poltawa, infolge deren
August II. den polnischen Thron wieder erlangte. Als er aber an die Verwirklichung des
beabsichtigten Staatsstreiches schritt, verband sich der seine Freiheiten verteidigende Adel
zur Conföderation von Tarnogrod (1715) und rief, von der Übermacht August II.
bedroht, den Czar Peter den Großen zu Hilfe. Peter folgte dem Rufe, rückte in Polen ein
und dictirte dem polnischen Könige einen Frieden, welcher im Jahre 1717 auf dem
sogenannten Pacificationsreichstage zum Gesetze erhoben wurde. Ständige Stenern und
stehendes Heer bildeten an diesen Beschlüssen das Gute, aber sowohl das Ausmaß dieser
Steuern, als auch die Anzahl des Heeres wurde derart beschränkt (bis auf 20.000 Mann),
daß es kaum zur Erhaltung der inneren Ordnung, nicht aber zur Vertheidignng des
Reiches ansreichen konnte. Polen war seit diesem Reichstage zu vollständiger Ohnmacht
verurtheilt und behielt eigentlich nur einen Schein von Selbständigkeit. Der russische
Einfluß gewann seitdem die Oberhand und wurde nur dadurch in Schranken gehalten, daß
andere Mächte, vor allem Österreich und Frankreich, später auch Preußen es nicht
gestatteten, Polen in eine russische Provinz zu verwandeln. Der lange Friede, welcher
nun Polen zutheil wurde, erschien als ein Trost nach den vielen äußeren Kriegen und
inneren Kümpfen, die es bis jetzt zu bestehen hatte; auch die Tatareneinfälle hörten auf,