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und den Kelch über das Hausdach, die Musik spielt einen „Tusch", hie und da werden
ans dem Hinterhalte Pistolen- oder Flintenschüsse abgefeuert und jetzt nimmt der Marschall
wieder die Ruthe ans den Händen seines Stellvertreters. Nun nähert sich ihm die älteste
Brautjungfer, steckt an jede von deren Sprossen einen Apfel, bindet dem Marschall ein
schönes Band um den Hals und befestigt einen Strauß an seine Mütze. Die Mädchen singen:
„ HMgcs Kreuz, Du uns geleite, j Geleite uns, heilige Marie,
Die gute Stunde gib uns heute, Nicht groß ist unsere Compagnie!"
und der ganze Zug setzt sich zu Fuß nach der Fahrstraße in Bewegung. Während dieses
Ganges spielt die Musik und die Brautjungfern singen leise die vorgeschriebenen Lieder.
Auf der Fahrstraße stehen schon die Wagen bereit. Auf dem ersten Wagen nehmen Platz:
das Brautpaar, der Festmarschall, die älteste Brautjungfer, der Starost und die älteste
Werberin, ans dem zweiten die übrigen Brautjungfern, auf den übrigen Wagen der Rest
des Zuges und die Musikanten. (Bei den Krakowiaken sitzen die Brautführer zu Pferde.)
Während des Platznchmens singt der Marschall, gegen die Braut hingewandt, Folgendes:
„Setz' Dich jetzt N. herauf, ! Steck' Dir daraus ein Rädcheu,
Dein Zöpflein steck Dir auf; ! Bist nimmermehr ein Mädchen."
Die Braut klettert auf den Wagen, setzt sich jedoch nicht nieder, denn sie muß stehend
fahren, sei es nur drei Feldlängen weit, und währenddessen Strohhalme und Heu aus
dem Wagen ans den Weg streuen — „man weiß nicht, zu welchem Andenken". Die Musik
spielt ans, Gesang erschallt und die Wagen jagen dahin, „was das Zeug hält". Wenn
man vor einer Bildsäule oder einem Kapellchen vorbeifahren muß, bekreuzen sich die
Brautjungfern und singen: „Brautführer und Brautwerber, nehmt ab die Mützen hie,
denn hier ist Christi Leiden und der Jungfrau Marie." Vor der Trauung legen die
Brautleute ihre Beichte ab und treten an den Tisch des Herrn. Nach der Trauung
nimmt der Marschall die Äpfel von der Ruthe herab, weil sie „ihm zukommen". Nur den
„Mittleren", das heißt jenen, welcher auf die Mittelsprosse gesteckt war, übergibt er der
jungen Frau.
Nach Hause kehrt man in derselben Ordnung zurück als man zur Kirche gekommen
war. Hier erfolgt die Bewirthung des Hochzeitsznges mit einem frischen Trünke, und
wenn dies abgethan ist, fordern die Mädchen den Marschall zum Danze aus. denn beginnt
die Musik die Polonaise zu spielen. Der Marschall, die Ruthe in der Rechten, geht in
Begleitung der Brautführer einmal um die Stube herum, worauf er die älteste Braut
jungfer bei der Hand faßt und einen Rundgang mit dieser macht. Sodann übergibt er sie
dem ihm zunächst folgenden, und so gehen der Reihe nach alle Brautjungfern und zuletzt
die Werberinnen von Hand zu Hand um die Stube herum. So oft der <rtarost seine
Tänzerin wechselt, singen die Zurückbleibenden: „Unser Marichall geht zum Tanze,