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Erzählung einen der absoluten Höhepunkte polnischer Poesie. Auf den Dichter Konrad
wirkt sie so mächtig, daß er eine herrliche, aber fürchterliche Rache-Hymne anstimmt. Die
Patrouille läßt sich hören, die Gefangenen gehen auseinander: Konrad bleibt allein. Es
beginnt der Monolog, der unter dem Namen Improvisation berühmt geworden ist.
Derselbe ist eigentlich nichts anderes, als eine grenzenlos freche Apostrophe an Gott. Der
Dichter maßt sich im Bewußt
sein seines Genies und seines
unendlichen Leidens das Recht
an, zu wissen, was denn Gott
eigentlich wolle, warum er
Unrecht und Gräuel dulde.
Und als Konrad nach langem
Flehen und Drohen keine Ant
wort auf diese Fragen erhält,
schließt er mit der Lästerung:
„Gott sei nicht der Vater der
Welt, sondern ihr — ".
„Czar"! sagt der auf diesen
Augenblick harrende Satan,
während Konrad in Ohnmacht
fällt, ohne dies letzte Wort
ausgesprochen zu haben. Jetzt
erscheint ein einfacher Kloster
bruder, und nach der wüthen-
den Lästerung kommt die
Exorcismus-Scene, die über
den Sinn des Ganzen Auf
schluß gibt. Der böse Geist der Bmcmz P°l.
Hofsahrt wird aus der Seele
des Sünders ausgetrieben; diesem wird der Befehl ertheilt, durch Demuth und Ergebung
die Gnade Gottes zu erwerben. Mit dieser und mit einem festen Glauben kann ein einzelner
Mensch Wunder thun. „Gott offenbart dem Geringen, was er dem Stolzen verhehlt." Die
Antwort also, die dem himmelstiirmenden Konrad versagt wurde, wird dem reinen, gottes-
fürchtigen Mönch ertheilt. Bruder Peter hat eine Vision, in welcher er Christi Kreuzigung
und Tod an Polen genau nachgemacht sieht. Gottes Absicht ist es, daß dieser Zustand ein
Sühnopfer sei für alles Böse, dessen sich unsere Zeit und Civilisation schuldig gemacht hat.