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Existenz suchten. Demzufolge ging er daran, die im Munde des gemeinen Volkes in
Galizien und in der Ukraine fortlebendc ruthenische Sprache für literarische Zwecke zu
benützen. Um nun die Entwicklung seiner Muttersprache ins rechte Geleise zu bringen, gab
M. Saskewyc im Vereine mit seinen Gesinnungsgenossen I. Hotvwackij und I. Wahytewyc
im Jahre 1837 den Almanach „Rusatka Dnistrvwaja" Zn4ery(man) heraus.
Leider wurde von den damaligen ruthenischen Schriftgelehrten und von der Landesregierung
dieses literarische Unternehmen als eine unerhörte Neuerung betrachtet, weshalb diese
Publieativn nicht in Lemberg, sondern in Budapest das Tageslicht erblickte. Ja, nach der
Drucklegung des Almanaches wurden dessen Herausgeber unter Polizeiaufsicht gestellt und
hatten nicht einmal die Genngthuung, sich Anerkennung bei ihren Landsleuten zu verschaffen.
Tie hochbegeisterten lyrischen Dichtungen Saskewycs verklangen zunächst spurlos im
Heimatslande, bis im Jahre 1848 die Wiedergeburt des Natioualitätsprincips in
Österreich auch das Auflcbcu der ruthenischen Literatur in Galizien mit sich brachte.
Als Saskewyc im Jahre 1838 nach Beendigung der Studien zur Seelsorge
zugelassen wurde, entwickelte er eine intensive Thätigkeit zur Förderung der Volks
aufklärung. Er verfaßte ein Lesebuch für Schulkinder, welches im Jahre 1850 zu Lemberg
gedruckt wurde, übersetzte die Evangelien von Matthäus und Johannes in die ruthenische
Sprache und verfaßte auch populäre Predigten. Sodann begann er eine populäre Geschichte
der Zaporogischen Kvzaken zu schreiben und sammelte Materialien zum etymologischen
Wörterbuch der kirchenslavischen Sprache. Leider wurden diese und mehrere andere
Arbeiten deshalb nicht zu Ende geführt, weil der Verfasser schon seit dem Jahre 1841
ernstlich erkrankte und am 7. Juni 1843 starb. Er beschäftigte sich auch mit dem Übersetzen
einiger altcechischer, serbischer und polnischer Gedichte, sowie des altrnthenischen Liedes
vom Heereszuge Igors gegen die Pvlowzer. Noch mehr als seine Schriften wirkte sein
persönliches Auftreten, welchem die rege Thätigkeit der Ruthenen im Jahre 1848 zum
großen Theile zu verdanken ist.
Während Saskewyc sich ein bestimmtes Ziel in seiner literarischen Thätigkeit steckte
und dasselbe consequent verfolgte, während er sich der Selbständigkeit des Ruthenischen
gegenüber den benachbarten slavischen Sprachen klar bewußt war, sind seine Schicksals
genossen Holvwackij und Wahytewyc ihren ursprünglichen Ideen insofern untreu geworden,
als Hotvwackij den sprachlichen Anschluß der Ruthenen an die Russen verfocht, Wahytewyc
aber seine Geisteskräfte größtentheils der Förderung Polnischer Literatur widmete.
Jakob Hvtowackij lGtowaeki, geboren 1814, gestorben 1888) war zuerst Land
pfarrer und seit dem Jahre 1848 Professor der ruthenischen Sprache und Literatur an der
Universität Lemberg. Im Jahre 1867 wegen seiner russophilen Tendenzen suspendirt, verließ
er Lemberg und lebte in Wilna, wo er von der russischen Regierung zum Vorsitzenden der