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Organisation unter seinen Landsleuten herzustellen suchte. Zunächst ein eifriger Verfechter
der von dem Vereine „?i-08nckka° geförderten Volksaufklärung, redigirte er sodann fünfJahre
lang die literarische Zeitschrift ,?raMäa« und um das Jahr 1880 faßte er den Plan, die
politische Zeitschrift „v'ito" (/IP-m) als Organ der national gesinnten Ruthenen heraus
zugeben. Um auch die Volksmasse zur Theilnahme am Nationalleben zu bewegen, gab er den
Ansporn zu Volksversammlungen. Eine solche fand während der am 30. November 1880
begangenen hundertjährigen Jubiläumsfeier der Thronbesteigung des Kaisers Josef II. statt,
wobei die versammelten Tausende von Ruthenen mit Begeisterung beschlossen, mit ver
einigten Kräften für die Wahrung ihrer constitutionellen Rechte sowie für die Hebung der
Nationalintcressen einzustehen. Leider starb W. Barwinskij schon (1883) im 33. Lebens
jahre, so daß es ihm nicht gegönnt war, die begonnene nationale Organisation der galizischen
Ruthenen durchzuführen. Doch sein geistiges Erbe fiel dem im Jahre 1886 gegründeten
rnthenischen „Nationalrathe" zu, und die von Iwan Belej weiter fortgeführte Redaction
der Zeitschrift »U'ilo" vertritt würdevoll die politischen und socialen Interessen der
Ruthenen. Wladimir Barwinskij war nicht nur Publicist, er schrieb auch mehrere Novellen
und Erzählungen, unter denen namentlich die Novelle e^it° (die zerknickte
Blume) nennenswert!) ist, zumal dieselbe die romantische Richtung mit dem Realismus
in der Literatur zu vereinigen sucht. Wladimir Barwinskij wurde in seinem social-nationalen
Wirkungskreise von dem talentvollen W. Nawrockij eifrig unterstützt. Derselbe schrieb
viele gründliche Abhandlungen ökonomischen Inhaltes und förderte in ausgiebiger Weise
auch die politischen Interessen der rnthenischen Nation.
Als Verfasser von Novellen verdienen noch Basil Jlnyckij, Fedir Zarewyc, Anatol
Wachnanyn, ferner Lew Wasylowyc-Sapohiwskij und Natalie Kobrynska genannt zu
werden. Jlnyckij schrieb außerdem viele Artikel ästhetischen Inhaltes und populäre
Abhandlungen aus der rnthenischen Geschichte. Kobrynska vertritt in ihren Novellen die
moderne realistische Richtung; sie verficht die Emancipation der Frauen und gab zu diesem
Zwecke (1887) den Almanach „klepiunn uluon" (der erste Kranz) heraus.
Doch der eigentliche Vertreter der national-realistischen Richtung in der modernen
rnthenischen Literatur ist der talentvolle Iwan Franko (geboren im Jahre 1856). Derselbe
hat eine ganze Reihe (43) von Novellen veröffentlicht, unter denen namentlich diejenigen
beachtenswerth sind, welche als naturgetreue Lebensbilder gelten können. Hierher gehören
kurze Skizzen: das Lesische Hausgesinde (pkeeniunna nenn^i.), der Bleistift (O^oveizi,),
der Schulunterricht des kleinen Hryc (IPnizeua unrüiuna na^ira), Schönschreiben, Brom-
beeren-Tascherln (Onporn s nepnuizuMi), der kleine Miron (Olu.iiib Kupon) und mehrere
andere. Dagegen leiden diejenigen Novellen Frankos, welche Seelenzustände schildern, wie
„Die Postmanipulantin" (Kaninxauni'ua), mitunter an Weitschweifigkeit, während seine