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Reitgeschirre angefertigt, die teuersten Agraffen, Spangen und Knöpfe erzeugt. Der
Waffenschmied, der Sattler gab gleichsam nur die Fläche, das Canevas, den nöthigen
Untergrund, auf dem nun der Goldschmied seine ganze Kunst entfaltete. Die große
Nachfrage nach Prunkwaffen hat alle diejenigen technischen Fertigkeiten auf eine hohe
Stufe der Entwicklung gebracht, welche vielleicht sonst nicht geübt worden wären; man
schmückte die Waffe, wie nur die reichste und schönste Braut geschmückt werden kann,
mit Gold und Edelsteinen, mit Perlen und Demanten. Gravirung, repoussirter und
geschnittener Zierrath, Edelsteinfassung, Goldincrustation in harten Steinen, Tauschirung,
Damascirung, das Verfahren all' ^iminu, Gruben- und Zellenemail, Filigran, kurz
alle möglichen dNittel, welche die Goldfchmiedeknnft zur Verfügung hat, wurden bei
der Ausschmückung der Waffen, Schilder (sogenannter Kalkarm), Feldherrnstübe (bnkavvv),
Buzdygans und der Reitgeschirre angewendet. Gegen Ende des XVII. Jahrhunderts
verdrängt diese Specialitüt beinahe alle anderen Zweige der Goldschmiedekunst, und es
sind vornehmlich die vom König Johann III protegirten Polnisch-armenischen Goldschmiede
Lembergs, welche in diesen Arbeiten eine vollendete Meisterschaft erreichen. Die so prachtvoll
geschmückten Waffen wurden auch exportirt und gingen nach Ungarn, nach der Walachei
und nach Rußland.
Wir würden einen recht charakteristischen Zug der älteren Goldschmiedekunst außer
Acht lassen, wenn wir nicht auch die jüdischen Goldschmiede erwähnten, welche auch auf
diesem Gebiete des Kunstfleißes die Eigenthümlichkeit und die Begabung ihres Stammes
bcthätigten. Aus den Zünften ausgeschlossen, in obscurer hausgewerblicher Weise ihre
Kunst ausübend, haben sie dennoch Resultate ihrer Winkelthütigkeit zurückgelassen, die
heute um so beachtenswerther find, als sie unzweifelhaft echte Denkmale einheimischer
Gvldschmiedekunst find. Es war ein glücklicher Gedanke, dem wir eine besondere israelitische
Gruppe in der historischen Abtheilung der letzten galizischen Landesausstellung zu verdanken
hatten; diese kleine Specialausstellung jüdischer liturgischer Geräthe war eine Neuheit und
lehrreich, wenn auch die Hoffnung, in die fernere Vergangenheit zurückreichende Objecte zu
finden, getäuscht worden ist. Die jüdisch-liturgische Gvldschmiedekunst hat sich hier in
ihrem bunten Eklektismus der Form und Decoration gezeigt; der bizarr-originelle Zug,
die zudringliche Sucht, mit dürftigen Mitteln einen großartigen oder vielmehr Protzigen
Scheineffect zu erreichen, die Überhäufung des Zierrathes und die beinahe verblüffende
Verschwendung aller möglichen technischen Mittel und Kunstgriffe an einem und demselben
Objecte, neben namhaftem Geschick und technischem Talent, sind die Hauptmerkmale
dieser Kunst, die mit ihrem unverkennbaren exotischen Zug und mit ihrer orientalisirenden
Ornamentik, mit der stereotypen biblischen Emblematik und dem übrigens beschränkten
Bestiarium (Hirsch, Bär, Ochs, Löwe, Einhorn, Adler) lebhaft an andere Muster jüdischer