MAK

Volltext: Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild: Galizien

788 
Reitgeschirre angefertigt, die teuersten Agraffen, Spangen und Knöpfe erzeugt. Der 
Waffenschmied, der Sattler gab gleichsam nur die Fläche, das Canevas, den nöthigen 
Untergrund, auf dem nun der Goldschmied seine ganze Kunst entfaltete. Die große 
Nachfrage nach Prunkwaffen hat alle diejenigen technischen Fertigkeiten auf eine hohe 
Stufe der Entwicklung gebracht, welche vielleicht sonst nicht geübt worden wären; man 
schmückte die Waffe, wie nur die reichste und schönste Braut geschmückt werden kann, 
mit Gold und Edelsteinen, mit Perlen und Demanten. Gravirung, repoussirter und 
geschnittener Zierrath, Edelsteinfassung, Goldincrustation in harten Steinen, Tauschirung, 
Damascirung, das Verfahren all' ^iminu, Gruben- und Zellenemail, Filigran, kurz 
alle möglichen dNittel, welche die Goldfchmiedeknnft zur Verfügung hat, wurden bei 
der Ausschmückung der Waffen, Schilder (sogenannter Kalkarm), Feldherrnstübe (bnkavvv), 
Buzdygans und der Reitgeschirre angewendet. Gegen Ende des XVII. Jahrhunderts 
verdrängt diese Specialitüt beinahe alle anderen Zweige der Goldschmiedekunst, und es 
sind vornehmlich die vom König Johann III protegirten Polnisch-armenischen Goldschmiede 
Lembergs, welche in diesen Arbeiten eine vollendete Meisterschaft erreichen. Die so prachtvoll 
geschmückten Waffen wurden auch exportirt und gingen nach Ungarn, nach der Walachei 
und nach Rußland. 
Wir würden einen recht charakteristischen Zug der älteren Goldschmiedekunst außer 
Acht lassen, wenn wir nicht auch die jüdischen Goldschmiede erwähnten, welche auch auf 
diesem Gebiete des Kunstfleißes die Eigenthümlichkeit und die Begabung ihres Stammes 
bcthätigten. Aus den Zünften ausgeschlossen, in obscurer hausgewerblicher Weise ihre 
Kunst ausübend, haben sie dennoch Resultate ihrer Winkelthütigkeit zurückgelassen, die 
heute um so beachtenswerther find, als sie unzweifelhaft echte Denkmale einheimischer 
Gvldschmiedekunst find. Es war ein glücklicher Gedanke, dem wir eine besondere israelitische 
Gruppe in der historischen Abtheilung der letzten galizischen Landesausstellung zu verdanken 
hatten; diese kleine Specialausstellung jüdischer liturgischer Geräthe war eine Neuheit und 
lehrreich, wenn auch die Hoffnung, in die fernere Vergangenheit zurückreichende Objecte zu 
finden, getäuscht worden ist. Die jüdisch-liturgische Gvldschmiedekunst hat sich hier in 
ihrem bunten Eklektismus der Form und Decoration gezeigt; der bizarr-originelle Zug, 
die zudringliche Sucht, mit dürftigen Mitteln einen großartigen oder vielmehr Protzigen 
Scheineffect zu erreichen, die Überhäufung des Zierrathes und die beinahe verblüffende 
Verschwendung aller möglichen technischen Mittel und Kunstgriffe an einem und demselben 
Objecte, neben namhaftem Geschick und technischem Talent, sind die Hauptmerkmale 
dieser Kunst, die mit ihrem unverkennbaren exotischen Zug und mit ihrer orientalisirenden 
Ornamentik, mit der stereotypen biblischen Emblematik und dem übrigens beschränkten 
Bestiarium (Hirsch, Bär, Ochs, Löwe, Einhorn, Adler) lebhaft an andere Muster jüdischer
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.