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im XIII. Jahrhundert schließen lassen, es gibt auch historische Belege dafür, daß hier
und da Versuche gemacht wurden, kuustkeramische Werkstätten zu errichten, der Erfolg
jedoch scheint nicht dauernd gewesen zu sein. In Krakau haben beispielsweise zwei
Italiener aus Faenza, Tonduzzi und Avezuda genannt, im Jahre 1583 eine Majolikafabrik
in Facnza'er Art errichtet, die aber nur kurzen Bestand hatte; dasselbe Schicksal scheint
auch die Majolikafabrik getheilt zu haben, welche König Johann Kazimir in der zweiten
Hälfte des XVII. Jahrhunderts in Warschau gegründet hat. In Lemberg wurden im
XVI. und XVII. Jahrhundert sehr gesuchte und der Beschreibung nach hübsch gemalte
Ofenkacheln erzeugt — sonst aber wurde der Bedarf an Erzeugnissen der Luxus- und
Kunstkeramik durch den Import deutscher Waare via Danzig, wie auch durch italienische
und orientalische Majolik gedeckt; namentlich sind es die letzteren, welche unter der
Benennung „türkischer Thon" in den meisten Hausinventarien der bürgerlichen und
Adelsfamilien bis zum Ende des XVII. Jahrhunderts zahlreich vorzukommen pflegen.
Gegen Ende des XVIII. Jahrhunderts wurden wiederholte Versuche gemacht, eine nationale
keramische Industrie zu schaffen; es entstanden Porzellan- und Fayencefabriken in Warschau
(Belvedere), Korzec, Baranöwka, Horodnica, Glinsko u. s. w., die aber beinahe alle ein-
gegangen sind. In dem letzten der angeführten, unweit Lemberg gelegenen Orte wurde nach
langjähriger Unterbrechung der Betrieb wieder ausgenommen, und gleichzeitig sind auch
in Krakau und Lemberg Kachelfabriken ins Leben getreten, welche auch reich decorirte,
gemalte Kachelöfen und Kamine von geschmackvoller Zeichnung liefern und ausländische
Erzeugnisse allmälig zu verdrängen beginnen. In den letzten Jahren werden überhaupt
erfolgreiche Anstrengungen gemacht, die einheimische Keramik zu heben und ihren Producten
eine kunstgewerbliche Bedeutung zu verleihen, wobei, was Form und Decoration anbelangt,
nne rationelle Anlehnung an die naiven und derben, aber eigenartig malerischen Muster der
Bauernmajotik stattfindet. Dank der Gründung besonderer keramischer Fachschulen und der
Bestellung tüchtiger, an den österreichischen und ausländischen Anstalten technisch gebildeter
Lehrkräfte, wie auch Dank der Schaffung einer Versuchsstation und dergleichen sind auf
diesem Gebiete Erfolge erzielt worden, denen in der letzten galizischen Landesausstellung
gerechte Anerkennung zu Theil wurde. Wir hatten hier Gelegenheit, namentlich in der
Gruppe industrieller Fachschulen, musterhafte Werke der Kunstkeramik, trefflich und originell
decorirte, polychromische Majolikakamine, kunstreich ausgeführte Vasen, Schüsseln, Fliesen,
Decorationsplatten u. s. w. zu sehen, denen nur zu wünschen wäre, daß sie bei steigender
Leistungsfähigkeit der Werkstätten auch dieBedeutung eines commerziellen Objectes erlangen.
Das Knnstgewerbe und die Volks- und Hausindustrie Galiziens sind von einander
durch flüssige Grenzen geschieden; sie bedingen sich auch wechselseitig, wenn nicht in
technischer, so doch in stilistischer und ornamentaler Richtung, wir bescheiden uns aber mit