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Volltext: Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild: Galizien

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Nach der Passirnng der großen Krümmung gelangen wir in einen Canon mit steilen 
bewaldeten Wänden. Das Flußbett ist unten so schmal, daß man bei Hochwasser kaum so 
viel Platz findet, um längs des Wassers gehen zu können. Zum ersten Male bemerken wir 
beim Markt Uscieczko im Liegenden des rothen Devons die tiefste Formation von 
Galizisch-Podolien, nämlich grünlichgraue Schieferthone, dunkle Kalksteine mit zahlreichen 
obersilurischen Versteinerungen. Diese Änderung der Formation bedingt, daß die Farbe 
der Canons weiter im Osten nicht mehr roth, sondern dunkel ist. 
Am rechten Ufer beginnt das sogenannte Pokntien. Der Name umfaßt weder ein 
geologisches noch ein geographisches Gebiet, ist auch in ethnographischer Beziehung nicht 
begründet. Unter „Pokntien" versteht man hierzulande den südlichen Theil von Galizien 
und spricht von den politischen Karpathen, von der pokntischcn subkarpathischen Ebene 
und schließlich auch von der pokutischen Hochebene, die aber nichts anderes ist als ein 
integraler Theil von Podolien. 
Eine kleine Excursion nach der Bezirksstadt Horodenka gibt uns Gelegenheit, 
letztere kennen zu lernen. Wir sehen eine äußerst baumarme, wellige Gegend, die 
durch große Fruchtbarkeit des Bodens ausgezeichnet ist. Da das Brennmaterial hier 
selten und thcner ist, so benützt der Bauer zum Heizen Kuchen aus Kuhdünger und 
gehacktem Stroh. Wir sehen hier überall an den Lehmmauern, die das Besitzthum des 
Bauers Unfrieden, ferner an den Gebändewänden solche Kuchen zum Trocknen in der 
Sonne angeklebt. Hier beginnt auch die Herrschaft des Kukuruz (türkischen Weizens). 
Meilenweit erstrecken sich die Culturen dieses wichtigen Productes, das die Hauptnahrung 
der niederen Volksclassen ausmacht. Die Maisfelder bringen eine angenehme Abwechslung 
in die Landschaft, da der hohe Kukuruz, in dem ein erwachsener Mann sich ganz bequem 
verstecken kann, auf dieser baumlosen Fläche gewissermaßen die Wälder vertritt. Von den 
Hausbüchern hängen die ausgesuchtesten Maiskolben, die zur nächsten Saat bestimmt 
sind, herab; sie werden da zusammen mit verschiedenen Kräutern, die die ganze Haus 
apotheke des Bauers ausmachen, in der Sonne getrocknet. Der Großgrundbesitzer säet 
da vorzüglich Weizen und pflanzt daneben auch Kartoffeln, wenn eine Spiritusbrennerei 
in der Nähe ist. 
Von der Stadt Horodenka, die durch ihre schöne, von dem bereits erwähnten 
Starosten Kaniowski erbaute Barockkirche berühmt ist, gelangen wir in der Gegend von 
Zaleszczyki an den Dniester zurück. Diese Ortschaft, durch schöne Obstgärten und kleine 
Weinplantagen ausgezeichnet, liegt sehr anmuthig auf einer großen, durch eine Serpentine 
des Duiesters gebildeten, terrassenförmigen Bergzunge. Das gegenüberliegende Bukowiner- 
ufer bildet eine steile Wand, in der die podolischen Formationsglieder in regelmäßiger 
Aufeinanderfolge zu Tage treten.
	        
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