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Volltext: Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild: Kärnten und Krain

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Hofe des Böhmenkönigs Ottokar II. lebte. Seine Dichtung ist eine Ergänzung zum 
Wolframscheu Willehalm. — Von da ab verstummt der Kunstgesang. In anderen 
Ländern deutscher Zunge war er von den Höfen und Burgen in die Städte eingezogen, 
wo die Meister ihn pflegten. Kärnten fehlte es an größeren städtischen Gemeinwesen, es 
weiß daher Wohl von Meistern, die kurze Zeit auf ihren Fahrten hier weilten, wie 
Heinrich von Meißen, zu erzählen, selbsteigene hatte es nicht. Dafür begann wie in den 
Nachbarländern auch hier das Volkslied sich seinen Boden zu erkämpfen, auf dem es bald 
frische Blüten trieb. Die Volksballaden, die uns freilich nur in karger Lese die Sammlung 
deutscher Volkslieder aus Kärnten von Pogatschnigg und Herrmann bietet, reihen sich 
wohl den ältesten dieser Art an. Der größte Theil der älteren Volkslieder dürfte in letzter 
Zeit von der Flut der Vierzeiler hinweggespült worden sein. Das geistliche Lied, von dem 
man in den vergilbten „Liederbuschen" (Liedersammlnngen) unserer heutigen Kirchensänger 
noch gar manchen lieben Bekannten aus alter Zeit antrifft, fand seine Ausbildung wie in 
allen deutschen Landen so auch bei uns hauptsächlich in den Tagen der Reformation. Auch 
zu den sogenannten Exulantenliedern lieferte Kärnten sein gut Theil; es sind dies Reliquien 
aus den Tagen herber Trübsal, da mancher Edle, darunter auch Hans von Khevenhüller, 
die Heimat mit der Fremde vertauschen mußte. Die noch vor einem Menschenalter vom 
Landvolk mit Vorliebe gepflegten Klosterräthsel „Was ist Eins? Zwei? n. s. w." z. B.: 
„Mein Freund! was fragst du mi?" 
„,,J frag di: was is ans?"" 
„Ans, däs is Gott atlan, 
der dä lebt und der da schwebt 
Im Himmel und auf Erden" u. s. w. 
wurzeln ebenfalls in dieser Zeit. — Nicht minder gehören die dramatischen Darstellungen 
biblischer Stoffe und die noch heutzutage üblichen Weihnachts-, Dreikönigs- und 
Christi-Leidenspiele mit ihren Anfängen dieser Zeit an. 
Eine traurig nüchterne Zeit folgte, die kein frisches Reis zu treiben vermochte. 
Die geistige Stumpfheit, welche die verheerenden Türkeneinfälle im XV. Jahrhundert 
erzeugten, der religiöse Streit des XVI. und die stnrmbewegte Zeit des XV!!. Jahrhundert» 
nährten, vollendete die Bildnngsrichtnng, die nach der Gegenreformation von den Latein 
schulen ausging. Am Ghmnasinm zu Klagensnrt war mit dem deutschen L-prachunterricht 
auch das Lesen deutscher Schriftsteller ansgeschlossen und erst seit 1753 hören wir von 
der Aufführung deutscher Schnlkonrödien daselbst. Kein Wunder daher, wenn das dichterische 
Schaffen, eine ärmliche Nachahmung der zweiten schlesischen Dichterschnle, sich nur in 
schwülstigen lateinischen Lob- und Gelegenheitsgedichten und matten, witzlahmen 
Epigrammen gefiel. Eine rühmliche Ausnahme macht das in lateinischen Hexametern
	        
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