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Erscheinungen war ein großartiger Aufschwung der entsprechenden Knnstgewerbe, an
welchem bald alle Gewerbe theilnahmen. Es entwickelte sich unter gleichzeitig italienischem,
doch vorwiegend deutschem Einflüsse eine Blüte der Kunstindustrie, welche noch tief in das
XVll. Jahrhundert hinein dauerte. An derselben haben zunächst die größeren Orte, vor
Allem wohl Billach, der reiche Handelsort, und Klagenfnrt, die neue Hauptstadt, theil-
genommen. Zahlreiche ständische Häuser erhoben sich innerhalb ihrer Mauern, Scharen
geschickter Künstler und Gewerbetreibender ans dem südwestlichen Deutschland ließen sich
unter dem Schutze der Stände besonders in Klagenfnrt nieder, wo sie, damit es nicht an
schöner Arbeit und für diese an reichem Absatz fehle, durch Veranstaltung von jährlich sich
wiederholenden, mit einem Glückshafen verbundenen Ausstellungen vorzüglicher Erzeugnisse
der Goldschmiede, Gürtler, Schwertfeger, Schlosser, Tischler, Drechsler u. s. w. in bisher
ungewohnter Weise die gewerbliche Thätigkeit förderten. Wenn uns nun auch ein reicher
Schatz der mannigfaltigsten Werke heimischer Knnstindnstrie aus dieser Zeit erhalten
geblieben ist, so suchen wir doch auch bei den hervorragendsten Gegenständen vergeblich
nach dem Namen des Meisters oder nach dem Orte ihrer Entstehung. Findet sich ausnahms
weise auf einem Werke ein Name, so ist es der eines fremden Meisters; die archivalischen
Quellen versiegen in dieser Richtung gänzlich. Von allen den Meistern der Kleinkünste ans
dem XVI. und Anfang des XVII. Jahrhunderts wird nur ein Goldschmied Peter Vihsper in
Villach und ein Leo Pronner (geboren 1555 bei Klagenfnrt, gestorben 1630 zu Nürnberg)
als vorzüglicher Elfenbeinschnitzer genannt; von ihm ist jedoch kein Werk im Lande bekannt.
Überblicken wir, was uns aus dieser Periode an Werken, welche mit einiger Wahr
scheinlichkeit als Erzeugnisse der einheimischen Kunstindustrie angesehen, werden können,
erhalten geblieben ist, so sind es abermals vorzugsweise nur Kunstgegenstände, welche zum
kirchlichen Gebrauche geschaffen wurden. So sind es Kirchengewänder, besonders Caseln,
welche Zeugniß geben, in welch hoher Blüte die Kunst der Stickerei des XlV. Jahrhunderts
stand, vor Allem in den stillen Räumen der Nonnenklöster. Sie zeigen in zahlreichen
Exemplaren (circa 40), wie die Nadelmalerei des XV. und beginnenden XVI. Jahr
hunderts, welche besonders die Darstellung des Gekreuzigten auf Rankeukrcuz, von Engeln
und Heiligengestalten, ja auch von ganzen Scenen und symbolischen Bildercyclcu, sowie
von schönem Blattwerke sich zur Aufgabe machte, im XVI. Jahrhundert der Applications-
arbeit, untermischt mit Plattstichstickerei auf Leinwand und verschiedenfarbigem Seiden
grunde weicht, neben welcher schon das roliok snliirö in Anwendung kommt, wovon ein
besonderes Beispiel die Casnla in Ebriach von 1570. Dieser Technik folgt um 1600 die
Ausführung figuraler Darstellungen mit stilisirtem Blumen- und Blattwerk in offener
Seide auf Weißleinen. Zur Hausindustrie hat sich die Stickerei nur bei der slovenischen
Bevölkerung des unteren Rosenthals besonders entwickelt, wo nebst der Erzeugung von