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umso höher anschlagen müssen. Dabei darf uns die Einseitigkeit des Charakters dieser
Schriften nicht allzusehr stören, ist sie ja doch einerseits in der Natur der Sache selbst
gelegen und stoßen wir anderseits trotzdem auch ans Producte, die über dieses Niveau
sich erheben. So war es beispielsweise schon Primus Trüber, der die fascinirende Wirkung
des Liedes ans Herz und Gemüth richtig erkannte und, seiner individuellen Grund-
stimmung folgend, sein Volk mit einem reichen Schatze religiöser Lieder, theils eigene
Schöpfungen, theils Nachdichtungen, beschenkte. Mit nur einer Ausnahme erschienen alle
Schriften Trubers im Ausland, in Tübingen. In Württemberg, woselbst einige seiner
Landsleute ziemlich einflußreiche Stellungen einnahmen (einer von ihnen, Magister
Michael Tiffernus, war sogar Kanzler und erster Rath des Herzogs), fand er ein Asyl und
an Herzog Christof einen hochherzigen Förderer seiner schriftstellerischen Bestrebungen.
Außerdem brachten mehrere protestantische Reichsfürsten, freie Städte und das Heimat
land bereitwillig materielle Opfer, um die bedeutenden Drncklegungskosten zu bestreite».
Doch als sein Mäcen obenan steht Baron Hans Ungnad, welcher, nachdem er infolge des
Religionsedictes vom Jahre 1557 alle seine Ehrenstellen niedergelegt und zu seinem
Aufenthalt Württemberg gewählt hatte, dem Unternehmen jede nur erdenkliche materielle
wie geistige Unterstützung angedeihen ließ und noch auf dem Sterbebett in rührenden
Worten seiner gedachte.
An Schaffenskraft überflügelt Trüber die gleichzeitig oder wenig später wirkenden
Schriftsteller, dagegen steht er an Gelehrsamkeit wie an Sprachkenntnissen (das für seine
Zwecke so nothwendige und förderliche Griechische und Hebräische waren ihm ganz fremd)
einigen von ihnen nicht wenig nach. Wie es ferner jeder Anfang naturgemäß mit sich
bringt, ist auch seine Schreibart noch unvollkommen und inconsequent, die Sprache zu
local gefärbt, wortarm und von fremden Elementen durchsetzt, die Diction vielfach schwer
fällig und ungelenk.
Von diesen und ähnlichen Gebrechen und Mängeln möglichst freigehalten sind
die Schriften Sebastian Krels (geboren 1538 zu Wippach in Kram, gestorben am
25. December 1569 als Superintendent in Laibach) und Georg Dalmatins (geboren
unbekannt wann in Gurkfeld in Krain, gestorben am 31. August 1589 in Laibach),
obgleich beide außer Trüber keine Vorgänger hatten. Dalmatin ist unter seinen Genossen
nicht nur der gelehrteste und sprachgewaltigste, sondern allen seinen Schriften ist nebst
anderen Vorzügen eine gewisse Gefälligkeit und Sauberkeit in der Diction eigen, die wir
sonst nur noch bei Krel antreffen. Unter seinen sieben Schriften ragt die nach dem Original
veranstaltete Übertragung der ganzen Bibel (Wittenberg 1584) besonders hervor, ein
Riesenwerk, welches noch heute unsere Bewunderung erregt und dem Autor in der
slovenischen Literatur ein pietätvolles Andenken sichert für immerdar. Gleichzeitig unter-