dem Strich der Schichten. Mit jeder Stufe, die mau hiuabsteigt, erkennt man die Spaltung
und gelangt fort und fort zu älteren Ablagerungen.
Indem wir uns nun von der zweiten Zone, dem entweder ans Radiolitenkalk oder
eocänem Sandstein zusammengesetzten Hügellande, in die Niederungen, in die
angeschwemmten Diluvial- und Alluvialebenen begeben, treffen wir nahe an
der Grenze desselben auf das wundersame Schloß Duino, die Perle des Küstenlandes.
Sein geschichtlicher Glanz wetteifert mit dem Zauber, den hier die Natur ansgebreitet hat.
Mit ein Paar hundert Schritten vollbringt der Wanderer hier einen klimatischen Sprung,
als ob er aus den Ebenen Oberitaliens sich nach einer der Uferlandschaften auf den Inseln
des tyrrhenischen Meeres versetzt hätte. So verhält es sich mit dem Unterschied zwischen
der. Karsthochfläche, an deren Rand das herrliche Schloß ragt, und dem immergrünen
Garten, welcher sich von ihm abwärts längs des geschützten Hanges zum Meere hinunter
zieht. Die Agaven gedeihen auf dem Felsen wie bei Sorrento und Camaldoli. Von den
Inseln der Adria, insbesondere von Lussin her ist eine ganze Sippschaft jungen Nachwuchses
hier angesiedelt worden und vergrößert täglich ihre fleischigen Blätter, die grün sind wie
das Meer über dem Boden des Felsusers. Nicht weit davon blüht in Felsenritzen, auch
im Winter, vom Karst her eingewandert das purpurrothe Cyclamen, nur dem Auge des
Botanikers unterscheidbar von demjenigen, welches im Spätsommer von den Besuchern
unserer Berge als Alpenveilchen gepflückt wird.
Um die Wesenheit des eigentlichen Küstenstriches kennen zu lernen, versetzen
wir uns nach dem Gebiete des alten und hochberühmten Aquileja, wo wir von einem Punkte
ansgehen, der dem neu errichteten kaiserlichen Museum gerade gegeniiberliegt. Von der
Ostorin nl Nnseo führt eine Chaussee zum Belvedere, wo der Dünenstrand die Lagune
abgrenzt. Sofort erreicht man ans diesem Wege Beligna, merkwürdig durch das Theater,
das einst dort stand, und durch den Tempel des Belenus. Von diesem ist jede Spur
verschwunden. Dagegen stehen in Dickichten die hohen Schafte des ^.rnnäo UtirnAmites
da. In den Wäldern rodet häufig die Axt. Nur an einem Prachtstück haben sich die
baumfeindlichen Menschen dieser Ebene noch nicht versündigt. Es ist dies der Pinien
wald auf der Sanddüne von Belvedere. Ein scharfes Auge erblickt ihn vom Molo in
Triest aus, wenn er seinen Blick westwärts über das Wasser gleiten läßt. Manche Schrift
steller sagen, es sei ein Überbleibsel des Pinienwaldes, der vor alter Zeit sich um das
Nordufer der Adria gezogen und von dem als anderer Rest sich der gefeierte Pineto von
Porto Corsini bei Ravenna erhalten habe.
Ein berühmter Zoologe hat die Lagunen von Aquileja und Grado das Vogel
eldorado genannt. So lange zahllose Wasservögel stets von Nord nach Süd, von Süd
nach Nord wandern, werden sie auf ihrem Wege eine Karawanserai aufsuchen, in der sie