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Nach Kazimirs Tode (1492) leistete Stefan dessen Nachfolger Johann Albert die
übliche Angelobung der Treue nicht. Des Königs Bruder Alexander, Großfürst von
Lithauen, machte schon im Jahre 1493 Allianzvorschläge, die er noch 1496 wiederholte;
aber Stefan wies die Vorschläge zurück. Unter dem Vorwände, gegen die Türken ziehen zu
wollen, um ihnen die der Moldau entrissenen Festungen Kilia und Akkerman abzunehmen,
überschritt Johann Albert mit einem Heere von 80.000 Mann und mit großem Troß
(20.000 Wagen und 40.000 Bauern) im August 1497 die moldauische Grenze am Dniestr
in der Bukowina. Der Krieg galt Stefan, denn schon vor der Grenze wird ein Adeliger
von der Verpflichtung, an dem „gegenwärtigen moldauischen Feldzuge" theilzunehmen,
urkundlich befreit. Doch erst bei Kotzman verrieth der König seine feindliche Absicht, indem
er die ihm entgegengeschickten Gesandten gefangen setzte. Stefan schickte nun Truppen nach
Czernowitz, dem Feinde den Übergang über den Pruth zu verwehren; er selbst zog sich
bis Roman zurück, dort die Ereignisse abzuwarten. Am 24. September standen die Polen
vor den Mauern von Suczawa und belagerten drei Wochen lang vergeblich die Festung.
Indessen zog Stefan Hilfstruppen aus der Walachei heran, warb Soldtrnppen bei den
Szeklern in Siebenbürgen und erwirkte, daß selbst der Wojwode von Siebenbürgen, Berthold
Drägfi, mit einem Heere zu Hilfe kam. Unter Drägfi's Vermittlung kam ein Vergleich
zustande, demzufolge die Polen ans demselben Wege, den sie im Lande betreten hatten,
zurückkehren sollten. Am 19. October zog das polnische Heer unverrichteter Dinge von
Suczawa ab. Auf dem eiligen Rückzuge soll es aber einen kürzeren Weg eingeschlagen
haben, der durch den Cosminer Wald (zwischen Sereth und Pruth) führte. Hier wurden die
Polen überfallen und erlitten eine schwere Niederlage (26. October). Hierauf bei dem
Pruthübergange bei Czernowitz, dann bei Lentzesti und bei Schipenetz wiederholt
angegriffen, erreichte Johann Albert nach schweren Verlusten an Menschenleben mit den
Trümmern seines Heeres die Grenze. Mit Bezug aus dieses schreckliche Gemetzel entstand
nach Bielski das polnische Sprichwort:
,2z Lrolg, Oldruetitu (In König Albrechts Tagen
8rlaevta." Wurde der Adel erschlagen.)
Die Zahl der Gefangenen soll 20.000 erreicht haben. Eine Sage, bei moldauischen
Geschichtschreibern erst zu Anfang des XVIII. Jahrhunderts zu finden, die weiter aus
geschmückt im Volke noch lebt, erzählt, Stefan habe die polnischen Gefangenen an den
Pstug gespannt und ein Feld ackern lassen, das sodann mit Eicheln besäet worden sei;
der an der Stelle gewachsene Wald sei sonach von den Moldauern vurabrava Uogis
(^ der rothe Eichenwald), von den Polen aber Bukowincr- (das ist Buchen-) Wald
genannt worden. Wenn auch nicht der Sage gleich, so hat doch Stefan auf dem blutigsten