MAK

Volltext: Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild: Bukowina

daselbst. Werden nun die Kerzen vom Winde sogleich ausgelöscht, so wird ihre Ehe kinderlos 
sein. Um aber doch Kinder zu bekommen, werfen sie Eier und Äpfel ins Wasser. 
Wenn die Zigeunerbraut zur Trauung geht, umwickelt sie sich den linken Fußknöchel 
mit nugesponnenem Hans, damit sie in ihrer Ehe keine Noth leide. Während der Trauung 
halten manche Bräute ein Geldstück unter der Achsel, um im Eheleben vor Unglück gefeit 
zu sein. Beim Heraustreten aus der Kirche werfen sie dieses Geldstück weit vor sich. Wer 
dasselbe findet, soll es nicht aufheben, denn sonst würde sich das Unglück sieben Jahre an 
seine Ferse heften. Auf die Einsegnung der Ehe durch den Priester halten die Zigeuner 
nicht sehr viel, mehr aber auf die von einem alten Stammesgenossen unter einer Eiche 
ausgesprochene Trauungsformel und auf die sie begleitende kurze Ceremonie, wie denn 
auch die meisten Zigeuner in wilder Ehe leben und auch von ihrer ehelichen ^.reue und 
Sittlichkeit blutwenig gesagt werden kann. 
Die Begriffe von Mein und Dein sind nach ihrer Anschauung ziemlich identisch, daher 
sind sie immer, bei finsterer Nacht wie am Hellen Tage, das Dein zu ihrem Mein umzu 
wandeln bestrebt. Aber das also Erworbene bleibt nicht lange in ihrem Besitze, denn es 
wird in Saus und Braus schnell verthan. Denn sie sind große Freunde fröhlicher Gelage, 
wobei Musik und Tanz nicht fehlen darf; Sorglosigkeit und leichtlebige Fröhüchkeck liegt 
ihnen im heißen Blute. 
Sind die Zigeuner zu Taufen, Hochzeiten oder Kirchweihfesten geladen, so essen sie 
möglichst wenig, um nicht den Verdacht aufkommen zu lassen, daß sie zu Hause Noth 
leiden und seit lange nichts gegessen haben. Dafür aber trinken sie desto mehr, wodurch ihr 
ohnehin sanguinisches Temperament so aufgeregt wird, daß es dann unmer zu Streitigkeiten 
und blutigen Schlägereien kommt. Überhaupt sind sie zu Zank und Streit gleich bereit, 
und ist diese Eigenschaft sprichwörtlich geworden, denn man sagt: Jemand sei so streit 
süchtig, wie ein Zigeuner! Vor einer solchen Schlägerei streifen sie im Nu ihre Fetzen vom 
Leibe ab und kämpfen dann ganz nackt. Sie thun dies, um ihre ohnehin nicht sehr festen 
Kleider zu schonen, da, wie sie richtig bemerken, die verletzte Haut nachwächst, die versetzten 
Kleider aber nie. Der Kleidermangel verleidet den Zigeunern den Winter sammt seinen 
Freuden. Diese ihre Kleidernoth im Winter wird trefflich durch folgenden Dialog zwischen 
einem Zigeuner und seinem vor Kälte zähneklappernden Sohne veranschaulicht: „Dada, 
mich friert's, denn ich bin ganz nackt!" „Setze meinen Hut auf!" „Ich zittere auch so 
vor Kälte!" „So gürte Dir meinen Riemen um!" 
Die Zigeuner sind im Allgemeinen, von einigen schlechten, verrohten Individuen 
abgesehen, harmloser, ja, man könnte fast sagen, gutmüthiger Natur. Freilich muß ihnen 
viel Stolz, Einbildung, Herrschsucht, Rachelust, aber auch eine große Portion Dummheit, 
Denkfaulheit, Aberglaube. Fatalismus, Unerfahrenheit und Feigheit zugesprochen werden. 
22 
Bukowina.
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.