191
von diesem Jahre bis zum Falle des Reiches im Jahre 1463. Während die erste Epoche
einen Zeitraum von 196 Jahren umfaßt, dauerte das geschichtliche Leben des Königreiches
nur 87 Jahre. Der Charakter beider Epochen ist grundverschieden: die erste ist ein
diplomatisch und militärisch geführter Krieg um die Sonderstellung des Gebietes. Die
Bane trachten immer ihre eigene rechtliche Wirkungssphäre zu erweitern. Die Periode des
Königthums hingegen ist die Geschichte eines dahinsiechenden Organismus, der zuerst, durch
besondere Umstände begünstigt, sich üppig entfaltete, um dann desto jäher zu verdorren.
Beide Perioden aber sind charakterisirt durch die Rolle des Bogumilenthums, welches
weder durch die energischen Bestrebungen der Päpste, noch durch die Waffengewalt der
mächtigsten Könige Ungarns ausgerottet werden konnte.
Ursprünglich entstand die als Paulikianer bekannte Secte in Kleinasien, in den
unwirthlichen Bergen Armeniens und an der Persischen Grenze, die trotz vielfacher
Umgestaltung als ihren eigentlichen Stifter Mani, den Begründer des Manichäismus,
verehrte. Ihre Religion war eine sonderbare Mischung von altsemitischen Urlegenden,
von persischem und auch turanischem Dualismus, von buddhistischer Moral und christlichen
Formen. Ohne auf die Einzelnheiten dieser Lehre einzugehen, bemerken wir nur, daß sie in
Betreff von Glauben und Moral die Bedürfnisse der verschiedensten Völker befriedigte.
Sie bietet den zu Wunderglauben und Legenden geneigten Bergvölkern Mystisches,
sie gibt durch die strenge Moral ihrer Auserwählten den Vorgeschrittenen und den
Philosophen ein Beispiel; die sagenhaften dämonischen Elemente reizen die Phantasie.
Verfolgungen kräftigten die Lehre, sie hatte ihre Märtyrer, ebenso überzeugungstreue
Verfechter ihrer Dogmen, wie sie die Geschichte des Christenthums aufweist; und bald
verpflanzt sich die Religion nach Bulgarien, wo ihr in der Person des Priesters
Bogumil ein Reformator erstand, und von wo sie im Laufe des XI. Jahrhunderts
über Serbien rasch den Weg in das Gebiet der dinarischen Alpen findet. In Bulgarien
wird sie von Byzanz aus noch bei Lebzeiten des Stifters durch consequente Verfolgung
> lahmgelegt; aber in Bosnien findet sie die günstigsten Grundbedingungen und erobert im
Fluge sowohl die reichen Stammeshäupter wie die armen Berghirten. Der Sieg des
Bogumilismus ist aus vielfachen Gründen erklärlich. Wie in politischer Hinsicht Bosnien
als Banat von kroatisch-lateinischem Einflüsse nur wenig berührt wurde, so ging es auch
in religiöser Hinsicht. Diese Leute hatten eben, wie aus den Briefen der dalmatinischen
Bischöfe hervorgeht, gar keine Religion; sie sahen selten einen Geistlichen; die Berghirten
lebten ihren alten, sagenhaften Überlieferungen, und die Stammeshäupter empfanden kein
Bedürfniß nach Religion.
Eine weitere Ursache war die Neigung dieser Völker zu einer Religion, die ihrem
Wesen mehr zusagte, als die uniformirende Wirksamkeit des lateinischen Christenthums