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Die allgemeine europäische Bewegung kam wohl nicht zum Ausbruche, doch wurde das
Bündniß zwischen dem Kaiser und dem siebenbürgischeu Fürsten geschlossen und besonders
Erzherzog Karl, der Oberbefehlshaber der innerösterreichischen Provinzen und der tapfere
Ban Thomas Erdödy in Kroatien waren es, welche die Bewegung in Bosnien ernst
nahmen und Alles aufboten, um den in Prag residirendeu Hof für Bosnien zu interessiren.
Besonderen Eindruck machte auf die Haltung der vorsichtigen Räthe des Kaisers die Ein-
müthigkeit, mit der sämmtliche Häuptlinge, sowohl Katholiken als Orthodoxe, die alten
Rechte des Kaisers als Königs von Ungarn betonten und bei der Anrufung dieser Hilfe
es für die Pflicht ihres obersten christlichen Souveräns hielten, ihnen beizustehen. Bertucci,
die Seele der von den Franciscanern geleiteten Bewegung, war aber nicht der Mann, um
in aller Reinheit der Gesinnung für dieses große Ziel einstehen zu können; er hatte viel
Talent zum Auswiegeln, aber sein Egoismus und seine Eitelkeit wurden bald erkannt
und erregten Mißtrauen sowohl am kaiserlichen Hofe wie auch bei den Bosniaken. Partei
lichkeiten stellten sich ein; und da besonders die Majorität der Franciscaner den Partei
hader anfachte, verlor die Bewegung viel von ihrem Idealismus. Der große Sieg bei
Sissek (1594) über den Pascha von Bosnien war noch nicht erfochten, als die bosnischen
Häuptlinge schon einen eigenen König verlangten, jedoch großmüthig hinzusetzten, daß dieser
immer dem Hause Habsburg angehören solle, und sich den Erzherzog Maximilian erbaten,
und an diesem Gedanken hielten alle ohne Unterschied der Religion fest. ^n zweiter
Linie wollten Alle ihre alten Besitzungen zurück haben und den Besitz der Türken unter
sich theilen. Nach dem Siege von Sissek kamen sie sämmtlich schon mit fertigen
Projekten heran und wollten Alles gleich im Vorhinein, ehe noch die Türken verjagt
waren, bestätigt haben. Und nun brach der abwechslungsreiche, sogenannte fünfzehn
jährige Krieg aus (1591 bis 1606), der zwar für die Habsburger nicht ohne Erfolge endete,
aber das große Ziel der Befreiung der Balkanhalbinsel gänzlich in den Hintergrund
drängte. In Bosnien war Alles schon zum Aufstande bereit; ein Heer sollte die Festung
Klissa von Spalato aus nehmen, ein zweites unter dem Cvmmando des Ban nach Jajce
marschiren, diese Festung nehmen und nach Niedermetzlung der Türken sich mit dem ersten
in Sarajevo vereinigen. Doch verwirklichte sich nur ein -rheil dieses Planes. Bald machte
sich Geldmangel fühlbar; Waffen blieben aus, und als das Volk sah, daß nichts geschah,
wurden Alle lauer und auch die Franciscaner, die für ihre Privilegien und Klöster (damals
14 mit gegen 50.000 Seelen) fürchteten, dämpften ihren Muth, so daß die Türken Zeit
hatten, der Bewegung Herr zu werden.
Eine Episode bewerkstelligte den vollständigen Umschwung. Drei tapfere Spalatiner,
Johann Alberti, Paul Babic und Lucas Milosevic, erstürmten mit 300 Uskoken auf
eigene Faust die Festung Klissa. Nun war der Moment des Vordringens gekommen; die